Die dunklen Lande

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 30. Juni 2019

Die dunklen Lande, Markus Heitz. Knaur, München: 2019. ISBN 978-3-426-22676-6, Roman, 540 Seiten

Aenlin Kane ist eine Abenteuerin im Europa der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Sie kommt mit ihrer persischen Gefährtin Tahmina nach Hamburg um Ihr Erbe anzutreten, dem Nachlass des berühmten Dämonenjägers Solomon Kane.
Zur gleichen Zeit befindet sich die Söldnertruppe des Hauptmanns Nicolas dort und der Zufall führt sie zusammen mit dem Duellanten Caspar von und zu dem Dorffe in die Dienste der West-Indischen Compagnie. Der Auftrag soll nach Bamberg führen und im Geleit von einigen Personen zurück nach Hamburg bestehen. Klingt einfach - wenn nicht diverse Heere und Söldnertruppen die Lande verwüsten würden, Bamberg eine der Hochburgen der Hexenverfolgung wäre, dunkle Mächte ein gefährliches Interesse an der Heldin und ihrer Gefährtin hätten und nicht zuletzt die eigentlich für den Auftrag bestimmte Söldnertruppe nicht begeistert davon ist, dass ihnen dieser lukrative Auftrag weggeschnappt wurde. Ach ja, Magie und überirdische Wesen tragen ihr Übriges dazu bei, den Auftrag nicht ganz so glatt wie erhofft ablaufen zu lassen, Einflüsse aus den neuen Welt (Südamerika) geben der Geschichte einen völlig anderen Verlauf...

Dem Autor Markus Heitz ist hier ein tolles Werk gelungen, wie ich finde! Der Roman verbindet geschickt reale Elemente der deutschen Geschichte im dreißigjährigen Krieg mit fantastischen Elementen, ohne dabei zu sehr in eine der beiden Richtungen abzudriften. Die Dynamik der zusammengewürfelten Gruppe wird spannend beschrieben, die Geheimnisse und besonderen Fähigkeiten der Protagonisten werden interessant eingeflochten. Die Schilderung einzelner Szenen ist durchaus direkt, was die Brutalität dieser Zeit und die durch Dutzende Kämpfe abgestumpfte Mentalität der Söldner gut vermittelt, aber damit sicher nicht den Geschmack zarter Gemüter treffen wird.

Die Aufmachung des Buches erfreut durch klassische Kapitelüberschriften wie Dramatis Personae, Glossar, Capitulim I... bis Conclusio, ein Vorwort zur Historie, historischen Textausschnitten zwischen den Kapiteln sowie einige zeitgenössischen Bildtafeln (die leider unkommentiert bleiben). Alles in Allem sehr stimmig, gefällt mir sehr.

Nebenbei: Der Teufelsgraben im Hauptsmoorwald bei Bamberg fließt keine 5 Meter vor meiner Haustüre vorbei, die Existenz dieses Details kann ich damit schon mal bestätigen. Anders als im Buch liegt dieser allerdings östlich von Bamberg, nach dem Versammlungsort der Hexen werde ich jetzt mal etwas aufmerksamer Ausschau halten...

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Die Reinsten

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 23. Juni 2019 in Literatur

Die Reinsten, Thore D. Hansen. Golkonda, München: 2019. ISBN 978-3-946503-90-3, Roman, 424 Seiten

Eve Legrand ist eine Reinste und gehört damit zu einer elitären Gruppe an Menschen. Dazu erwählt wurde sie von Askit, einer künstlichen Intelligenz, die die Geschicke der Menschheit überwacht und steuert. Diese hat es nämlich nicht leicht im Jahre 2191: nach verheerenden Katastrophen ist die Erde verwüstet, der stark fortgeschrittene Treibhauseffekt erlaubt das Überleben nur an wenigen Orten und unter großem Aufwand. Eve stehen schwere Prüfungen bevor, die über ihre Aufnahme in führende Kreise entscheiden. Doch es kommt anders, der vorgezeichnete Weg wandelt sich in etwas viel Größeres...

Ein sehr guter Ansatz, wie ich finde, gerade aktuelle Themen in einem Roman zu verarbeiten. Es geht um Umweltzerstörung, Klimawandel und dessen Folgen. Aber auch um Moral, den Umgang von Eliten mit allen anderen und die Auswirkungen künstlicher Intelligenz. Im Verlauf gewinnen auch Machtstreben, die Wirkung von sozialen Netzen und Visionen wie Raumfahrt oder ewiges Leben eine Bedeutung. Durch die Namen wichtiger, zunächst im Hintergrund wirkender Protagonisten (Elon, Sergei) mag man sich an visionsgetriebene Gründer von realen Techunternehmen erinnert fühlen; ich kann nicht sagen, ob das beabsichtigt ist?

Das Setting ist durchaus realistisch, in Klappentext und Nachwort wird von wissenschaftlichen Hintergründen und Extrapolation gesprochen. Mit der Hauptperson Eve konnte ich mitfühlen. Insgesamt fand ich den Handlungsstrang jedoch nicht perfekt (gegen Ende verwirrten mich die verschiedene Aspekte, ist vielleicht bewusst so geschrieben?), aber dennoch gut lesbar. Leider trüben einige Fehler das Bild (Schreibfehler, an einer Stelle fehlt mindestens ein Absatz), was ich bei einer Übersetzung darauf zurückgeführt hätte - der Autor hat das Werk aber auf deutsch verfasst, somit wohl eher schlampiges Lektorat.

Insgesamt bin ich hin- und hergerissen. Das Thema einer dystopischen Zukunft durch Kriege, Seuchen, Umweltzerstörung und Klimawandel und der Lösungsansatz durch eine nahezu allmächtige KI ist reizvoll und mitreissend. Die Umsetzung hätte für mich noch Potenzial nach oben gehabt, einige Aspekte wie etwa die Beziehung von Eve zu Thyron und Ronan hätten, wenn schon, dann etwas mehr Raum verdient. Stellenweise kam mir der Textfluss fast etwas holprig vor.
Somit Empfehlung für die, die der Themenkomplex anspricht - vielleicht aber auch warten, bis der Roman etwas günstiger als Taschenbuch herauskommt.

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Gedanken zu Skandinavien und zum Baltikum

Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 20. Juni 2019 in Entwicklung, Persönlich

Meine kürzliche Reise durch Teile Skandinaviens und des Baltikums möchte ich hier in Stichpunkten festhalten. Das hat zwei Gründe: zum einen vergisst man ganz schnell wieder und zum anderen möchte ich für mich einige der mir aufgefallenen Dinge gedanklich weiterentwickeln. Schließlich befinden wir uns in Deutschland in einer Umbruchphase, die ich aktiv mitgestalten will - dazu hilft der vielzitierte Blick über den Tellerrand, aber auch das Lernen von den "Besseren" oder "Schnelleren".

Wohin ging es eigentlich?
Schweden/Stockholm
Finnland/Helsinki
Estland/Tallinn

Warum gerade dahin?
Nun, in Schweden war ich vor einigen Jahren schon tätig, es hat mich von der Landschaft und Kultur schon lange begeistert. Finnland aus allgemeinem Interesse, besonders auch aufgrund von Beschreibungen und der Lage zwischen Ost und West. Estland natürlich wegen der Vorreiterrolle unter anderem in digitaler Verwaltung und dem Fortschritt im Wandel vom Satellitenstaat der UdSSR zum Musterstaat sowohl der EU als auch der NATO. Besonders das Konzept der e-residency finde ich sehr attraktiv.

Was ist mir aufgefallen? (noch unsortiert)

  • Kopfhörer
    trägt in Schweden praktisch jeder (gut, vielleicht ein Drittel der Fußgänger), meist drahtlos, auffällig oft die von Apple
    und viele telefonieren
  • kaum Bargeld, geht oft gar nicht mehr
    besonders in Schweden wird praktisch alles mit Karte bezahlt (mit PIN oder kontaktlos), selbst Kleinstbeträge
  • es gibt überall free WiFi
    in Geschäften, in der Gastronomie, in Hotels sowieso, im Zug, im Bus, auf der Fähre, in der Innenstadt, ...
  • Apps für alle und alles
    Busfahren in Schweden geht gar nicht ohne
    wer nicht vorab ein Ticket gelöst hat, kann gar nicht mitfahren (außer man stellt sich als Touri blöd, dann winkt einen der Busfahrer auch gerne mal durch...)
  • überall LTE, so gutes Netz hatte ich nirgends sonst
    und zwar in allen drei besuchten Ländern
    daheim in der Küche habe ich Edge, un das in einer Mittelstadt in Deutschland
  • variierende Architektur
    in Stockholms Altstadt sehr gepflegt, nicht umsonst als Venedig des Nordens beschrieben
    in Helsinki fühlte ich mich teilweise an die Sowjetunion erinnert, das ist oft nicht mehr monumental sondern kann als brachial beschrieben werden - breite offene Straßen, freistehende gigantische Bauten mit massiven Säulenreihen davor, aber dann auch angrenzend wieder moderne, luftige Architektur in Mischnutzung, vielleicht findet hier auch ein Umbruch statt?
    in Tallin pittoreske, mittelalterliche Altstadt neben Glas-und-Stahl Skyline und modernsten Bauwerken, wobei ich das Nebeneinader für gelungen halte, die Geschichte lässt sich an vielen Orten problemlos ablesen
  • Wikinger-Frauen
    es gibt sie, besonders in Finnland :-)
  • habe dein Ladekabel dabei, es gibt überall 230V oder USB-Steckdosen
    denn ohne Smartphone geht es nicht
  • die in D bekannten Marken gibt es dort meist auch
    einige heißen nur anders, haben aber die gleichen Produkte und Logos
  • umfangreiche Hochschullandschaft
    in allen drei Hauptstädten, meist von international hohem Rang
    unterschiedliche Standorte: Tallinn und Stockholm Campusuni (zumindest KTH), Helsinki Stadtuni
    teilweise (wie aber fast überall) historische Gebäude, schmucklose Verwaltungs- und Lehrgebäude, aber auch topmoderne Lehr- und Forschungseinrichtungen
  • eRoller
    das ist eine Seuche, die Dinger stehen (seltener) und liegen (häufiger) überall herum

 

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Das Drachenei

Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 20. Juni 2019 in Literatur

Das Drachenei, Robert L. Forward. Heyne, München: 2012. ISBN: 978-3-453-52985-4. 398 Seiten

"Was wäre, wenn es Leben auf einem Neutronenstern gäbe?" - dieser Untertitel beschreibt treffend, worum es in diesem Roman geht. Am Anfang steht eine kurze Geschichte über einen Neutronenstern, der zufällig in Richtung unseres Sonnensystems wandert. Danach wird jedoch zunächst die Arbeit von Jacqueline Carnot beschrieben, einer jungen Wissenschaftlerin, die für ihre Dissertation unsere Sonne erforscht. In von Satelliten aufgenommenen Signalen sucht sie nach einem weiteren schwarzen Loch in der Sonne, jedoch findet sie ein ungewöhnliches Signal, welches sie mit einigem Aufwand genauer analysiert. Es stellt sich heraus, dass es sich um einen Pulsar (das Drachenei) handelt, der nahe am Sonnensystem vorbeiziehen wird. Es wird eine Expedition ausgerüstet, die in Jahr 2050 zum Drachenei fliegt um es genauer zu untersuchen.

Im zweiten Handlungsstrang wird das Leben und die Evolution der Wesen beschrieben, die auf dem Neutronenstern leben. Durch die Eigenschaften dieser Sterne unterscheiden sich diese deutlich von uns Menschen, schließlich herrschen dort extreme Anziehungskräfte und Magnetfelder. Daher vergeht die Zeit dort auch wesentlich schneller, im Vergleich zu uns etwa eine Million mal schneller.

Es kommt zum Kontakt beider Spezies, was aufgrund der Unterschiede zunächst mühsam vonstatten geht. Doch dann entwickelt sich alles ganz schnell, die Evolution erfolgt in kürzester Zeit. Die beiden Kulturen lernen voneinander...

Mehr möchte ich hier nicht verraten. Das Buch fand ich spannen zu lesen. Das unglaublich originelle Setting wird durch wissenschaftliche Einwürfe plausibel erklärt, ja es gibt sogar einen "wissenschaftlichen Anhang" unter anderem mit Bildtafeln, astronomischen und biologischen Erklärungen, Literaturempfehlungen. Die Beschreibung des Lebens der Wesen auf dem Drachenei lockert das Buch gut auf, es geht also nicht nur um trockene Physik.
Leider ist das schon etwas ältere Werk (Erstausgabe in 1980) als Buch schwierig zu beschaffen, ich habe es über einen Gebraucht-Buchhändler im Internet bekommen; es gibt aber auch eine eBook-Ausgabe.

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