Westwall

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 21. Juli 2019 in Literatur

Westwall, Benedikt Gollhardt. Penguin, München: 2019. ISBN 978-3-328-10412-4, Roman, 485 Seiten

Ein Thriller, der dieses Attribut verdient. Eigentlich nicht so mein Genre, aber der Klappentext hat mich neugierig gemacht. Die Hauptperson ist Julia Gerloff, eine Polizeischülerin an der Ausbildungseinrichtung der Kriminalpolizei in Brühl. Sie hat ihre Kindheit mit ihrem Vater in einer Art linker Kommune verbracht, aus dieser Vergangenheit entwickelt sich einer der Handlungsstränge mit ihrem schwer kranken Vater. Ihr Ausbilder Roosen nimmt ebenso eine Art Vaterrolle für sie ein, aber auch er hat Geheimnisse. Und da ist noch der geheimnisvolle Nick, eine Zufallsbekanntschaft, aus der sich irgendwie mehr zu entwickeln scheint. Eine geheimnisvolle Gruppe an meist jugendlichen Menschen verfolgt einen dunklen Plan...

Die Handlung ist packend geschrieben, es gibt viele Winkelzüge und Beteiligte. Wie im Titel schon zu erkennen, spielt sich ein Teil der Handlung mit Bezug auf den Westwall ab, eine riesige Befestigungsanlage an der deutschen Westgrenze aus der Zeit des zweiten Weltkriegs. Doch nicht nur über dieses Bauwerk, auch über die Ideologie einiger Protagonisten wird Bezug zu dieser Zeit genommen. Dies empfand ich stellenweise sogar etwas bedrückt als sehr realistisch, in manchen Passagen werden einzelne Personen aus dem rechts-militanten Lager jedoch nach meinem Geschmack als etwas zu dumpf dargestellt. Im Rückblick fügt sich das meiste aber sehr stimmig zusammen.

Die doch recht vielen Beteiligten, deren Eigenschaften und Motive sind vielseitig und glaubwürdig, im Anhang dankt der Autor vielen Menschen, die zu den verschiedenen Szenen, Behörden, Techniken etc. Input geliefert haben. Auch einige historische Zusammenhänge werden mitgeliefert, allerdings ohne politische Einordnung - auch das überlässt der Autor wie beim Thema des Buches dem Leser. Ich hoffe, dass das auch alle mit genügend Geist und Geschichtsbewusstsein richtig bewerten? Bei dem Themenkomplex bedarf es schon einer feinfühligen Herangehensweise, sicher werden sich auch weniger kritische Leser durch den Titel angezogen fühlen.

Für mich insgesamt eine Empfehlung, wenn auch keine 4 oder 5 Sterne wert. Dazu fehlt mir die tiefere Ausarbeitung der Motive der Hauptdarsteller, das wird zum Teil über bestehende Klischees abgedeckt. Der Autor selbst schreibt am Ende in einem "Interview", dass er genau deswegen über eine Fortsetzung nachdenkt. Warum hat er es denn nicht gleich hier verarbeitet? Ich denke, noch 100-150 Seiten dazu hätten dem Buch nicht geschadet.

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