House Of Suns

Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 3. Oktober 2020 in Literatur

Alastair Reynolds: House of Suns. Gollancz, London: 2009. ISBN: 978-0-575-08237-3. 502 Seiten (gibt es auch auf deutsch bei Heine)

Nach ein paar Jahren Pause wende ich mich wieder einem meiner Lieblings-Autoren zu: Alastair Reynolds. Seine erste Karriere als Astrophysiker bei der ESA gab er auf und schreibt seitdem Kurzgeschichten und Bücher, natürlich im Genre Science-Fiction.

Bereits die ersten Bücher, die ich vor 20 Jahren von ihm gelesen habe, haben mich absolut begeistert: er hat einen ganz eigenen Stil, häufig geht es nur um sehr wenige Personen, nicht selten sind diese über weite Strecken sogar ganz allein, und begrenzte Räume wie ein einzelnes Raumschiff. Doch diese scheinbare Enge bricht er gekonnt durch den Wechsel der Dimensionen auf - ganz Astronomie-typisch gerne auch mal über tausende oder Millionen von Jahren, tausende Lichtjahre und Raumschiffe in der Größe dutzender Kilometer. Dabei bleibt er stets in einem plausiblen Rahmen und lässt das jeweilige Szenario in einem sehr stimmigen Licht erscheinen. Science-Fiction bleibt es natürlich trotzdem!

Nach einigen seiner Bücher mit etwas anderen Settings (ich werde demnächst berichten) habe ich nun House of Suns gelesen, wo genau diese Umgebung von wenigen Hauptakteuren eingebettet in eine fantastische und doch nahe an den Naturgesetzen entwickelte Galaxie als Basis der Handlung dient. Der Einband ist hier übrigens auch wie meist mit einem futuristischen Raumschiff vor kosmischem Raum abgebildet (dies gilt leider meist nur für die GB-Ausgaben).

Der Text führt nicht gleich in alle Geheimnisse ein, am Anfang erfährt man etwas über eine junge Frau namens Abigail Gentian, die in einem stetig wachsenden Haus auf einem ansonsten eher einsamen Himmelskörper aufwächst. Um bei den Beschränkungen durch die Lichtgeschwindigkeit als höchste Geschwindigkeit der Fortbewegung mit anderen Kontakt halten zu können, hat sich die Menschheit in einem Raum angesiedelt, der als Goldene Stunde bezeichnet wird: die Ausdehnung des bewohnten Raums hat sich innerhalb einer Reisedauer von einer Stunde bei Lichtgeschwindigkeit eingeschränkt.

Im zweiten Handlungsstrang reist man mit den shatterlings (in der Übersetzung Splitterlinge) Campion und Purslane durch die Galaxie. Interessanterweise verwendet Reynolds in diesem Buch bei den drei menschlichen Hauptpersonen die Ich-Perspektive, was mich anfangs etwas verwirrt hat (bin "ich" jetzt Purslane oder Campion?). Doch das hat System und passt, wie man später erfährt. Denn die shatterlings sind Teil der Gentian line, einer Gruppierung von tausenden Klonen von Abigail. Ziel ist es, die Galaxie über die Goldene Stunde hinaus zu erkunden und mehr Wissen zu sammeln, als es einem einzelnen Menschen jemals möglich sein könnte.

Die beiden shatterlings sind eigentlich auf dem Weg zu einer Reunion, einem Treffen aller shatterlings - werden allerdings ein paar Jahrzehnte zu spät kommen. Das klingt viel, relativiert sich aber bei der bisherigen Reisedauer von 6 Millionen Jahren doch wieder etwas...
Die Verspätung erweist sich jedoch tatsächlich als Glücksfall, denn das Treffen läuft nicht so wie erwartet ab.

Mit dem vorliegenden Titel bietet Reynolds wie oben schon erwähnt ein ungewöhnliches Setting, das sich dem Leser erst nach und nach vollständig erschließt. Die Handlung beschränkt sich auf wenige Hauptpersonen, die recht gut skizziert werden. Die Entwicklung der Ereignisse ist an mehreren Stellen überraschend, jedoch stets plausibel und provoziert so wie die Beschreibung der "technischen" Aspekte keine Skepsis beim Leser.
Nach meiner Meinung nicht ganz so episch und bahnbrechend wie mach früherer Titel, aber dennoch eine sehr gute Geschichte (4/5). Etwas schwach finde ich das Ende, das hätte bei der Dimension ruhig etwas mehr Ausführung verdient. Aber wer weiß, vielleicht schließt sich hier irgendwann ein Nachfolger an?

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