Stanislaw Lem: Die Astronauten

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 10. Januar 2021 in Literatur

Stanislaw Lem: Die Astronauten
Suhrkamp: 1951 (16. Auflage 2016). ISBN: 978-3-518-36941-8. 284 Seiten

Der Einband zeigt eine modernste, senkrecht startend und landende Rakete. Die Handlung beginnt jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Niedergang eines vermeintlichen Kometen in den Weiten Sibiriens. Erste Expeditionen dahin bleiben jedoch erfolglos und das Ereignis gerät in Vergessenheit.

Am Beginn des 21. Jahrhunderts stößt man jedoch bei Bauarbeiten auf einen extrem harten Block, der sich bei genauerer Untersuchung als eine Art Datenträger herausstellt und wohl damals in einem Absturz niederging. Nach der Analyse kommt man zum Ergebnis, dass es sich bei diesem sogenannten Rapport um eine Nachricht vom Schwesterplaneten der Erde, der Venus, handeln muss.

Dabei arbeiten Gelehrte verschiedener Fachrichtungen und vieler Nationen zusammen. Es fällt die Entscheidung, mit einem Raumflug zur Venus mehr herauszufinden. Es besteht der Verdacht, die Erde könne von dort aus angegriffen werden.

Auf dem Flug lernt der Leser die Hauptpersonen näher kennen, um sich die Zeit zu vertreiben beschließen die Astronauten nämlich, sich jeweils etwas über wichtige Ereignisse in ihrem Leben zu erzählen.

Die Schreibweise ist anfangs etwas ungewohnt, der Roman ist schließlich vor etwa 70 Jahren entstanden. Dabei scheint die zu der Zeit verbreitete Technik-Gläubigkeit durch, insbesondere bezüglich der vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten "des Atoms". Dieses treibt auch das Raumschiff an, was sich auch später in scheinbar unerschöpflichen Treibstoffvorräten äußert. Für viele Objekte werden heute archaisch wirkende Begriffe genutzt, etwa Prädiktor für Autopilot und das Raumschiff heißt Kosmokrator. All das passt sehr gut zur Grundstimmung der Handlung und Erzählweise des Autors.

Auf der Venus angekommen, entdecken die Astronauten eine teils surreale Landschaft, die sie zu großen Teilen zunächst nicht verstehen. Bestimmte technische Artefakte erregen ihr Interesse und werden genauer untersucht, wobei es auch zu gefährlichen Situationen kommt. Nach und nach setzt sich ein Bild zusammen, das den Leser durchaus zum Nachdenken anregen soll.

Trotz der teilweise nicht mehr aktuellen Vorstellungen gefällt mir der Roman gut. Für mich hat der Charme der 1950er mit der technologischen Aufbruchstimmung hier einen sehr anregenden Effekt - man denkt auch einmal wieder darüber nach, was in den wenigen Jahrzehnten tatsächlich an technischer und gesellschaftlicher Entwicklung stattgefunden hat und wie es aus damaliger Sicht auch hätte kommen können. Das Schicksal der Venus-Zivilisation wird gerade nur soweit angedeutet, dass eigene Gedanken dazu möglichst frei bleiben.

Für mich eine Empfehlung, wenn man sich z.B. auch gerne mal einen ruhigeren, alten Film ansieht - im Kontrast zu den modernen, mit Special Effects überladenen...


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