Hervé le Tellier: Die Anomalie

Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 21. April 2022 in Literatur

Hervé le Tellier: Die Anomalie. Rohwolt, Hamburg 2021. ISBN 978-3-498-00258-9, 345 Seiten

Der Titel beschreibt den Kern der Handlung sehr genau, der Autor beschreibt eine Anomalie. Beginnend mit einigen Szenen aus dem Leben der Hauptpersonen führt die Handlung zu dem eigentlichen Problem: ein Flugzeug versucht nach einer Atlantiküberquerung in den USA zu landen. Doch diese wird verweigert, das Flugzeug auf eine Militärbasis umgeleitet.
Es stellt sich heraus, das exakt das selbe Flugzeug mit exakt den selben Menschen an Bord bereits vor einigen Monaten schon einmal gelandet war. Beide Flüge hatten mit einem starken Wetterphänomen zu kämpfen.
Da die Amerikaner nach 9-11 gerne vorbereitet sind, gibt es auch für diese Situation eine Vorgehensweise: Protokoll 42.
Die beiden Urheber, zwei Wissenschaftler, hatten seinerzeit den Auftrag, alle möglichen Abweichungen und Probleme vorab zu durchdenken und dafür Leitfäden zu entwickeln. Dumm nur, dass sie solch extrem unwahrscheinlichen Vorfälle nicht ernst genommen hatten und daher das Protokoll 42 eher ein an den Hitchhiker angelehnter Witz ist...
Wie auch immer, ein riesiger Stab an Spezialisten versucht, dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Die Passagiere bleiben isoliert, gleichzeitig sucht man die "Doppelgänger" und bringt sie aus die Militärbasis.
Hier entstehen erste Ideen, was die Ursache der Anomalie sein könnte und die Menschen werden mit ihrem zweiten Ich zusammengebracht. Für das Weiterleben entstehen ganz eigene Fragen, etwa wenn einer der beiden bereits verstorben ist oder zwei Mütter das selbe Kind haben.
Die Story ist aus meiner Sicht ganz gut ausgearbeitet, viele der Situationen sind gut nachvollziehbar. Eine Prise Humor kommt auch nicht zu kurz, sogar eine kleine Romanze hat der Autor eingebaut.
Das Buch liest sich gut, da die Anomalie nicht wirklich aufgelöst wird, kann man seine eigene Fantasie spielen lassen.

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James Corey: The Expanse: Leviathan erwacht

Geschrieben von Ralph Troppmann am Mittwoch, 20. April 2022 in Literatur

James Corey: The Expanse: Leviathan erwacht. Heyne, München 2017. ISBN 978-3-453-31781-9, 671 Seiten
James S.A. Corey: Leviathan Wakes. Orbit, London 2011. ISBN 978-1-84149-989-5, 561 pages

Hoppla, es ist schon wieder passiert: das Buch hatte ich mir im Sale eines Gebraucht-Buch-Händlers mitbestellt, da sich der Klappentext interessant las. Nach so 200 Seiten kam mir aber die Geschichte irgendwie vertraut vor. Tatsächlich, vor gut 10 Jahren hatte ich mir in England das Original bereits mitgenommen und gelesen...
Da die Geschichte aber auch auf Deutsch gut ist, habe ich es trotzdem nochmal gelesen und mir die weiteren Teile auch noch vorgenommen.

Worum geht es?
Die Handlung spielt in der Zukunft, der Mond und Mars sind besiedelt und  auch im Asteroidengürtel leben Millionen von Menschen, vor allem, um dort Rohstoffe abzubauen.
Jim Holden, der erste Offizier eines Eis-Frachters, ist mit seinem Schiff unterwegs, um eine der Kolonien mit Wasser zu versorgen. Unterwegs empfangen sie einen Notruf, dem sie nachgehen. Das Schiff, das den Notruf aussendete, ist verlassen. Jim kommt auch die Quelle des Notrufs komisch vor, wie der erfahrene SciFi-Leser bereits vermutet, handelt es sich um eine Falle! Die Crew seines Shuttles überlebt, im Gegensatz zum Eis-Frachter mit seiner Besatzung.

Parallel spiel Detective Miller eine tragende Rolle, er ist beim Sicherheitsdienst auf einem Asteroiden und bekommt die Aufgabe, eine Person (Julie) zu suchen. Bei seinen Nachforschungen deckt er Teile einer großangelegten Verschwörung auf. Im Verlauf der Geschichte stoßen Miller und Holden aufeinander, da sie die Zusammenhänge jeweils von ihrer Seite aus verfolgen. Im Verlauf nimmt die Dimension der Verschwörung immer mehr zu und es kommt zu kriegerischen Handlungen zwischen Erde, Mars und dem Asteroidengürtel.

Am Ende zeigt sich das ganze, ungeheure Ausmaß und sowohl Holden als auch Miller müssen schwerwiegende Entscheidungen treffen.

Die Story ist gut lesbar und durch einige Wendungen und Überraschungen auch wirklich spannend. Die Charaktere haben ihre Eigenheiten und durchleben aufgrund der dramatischen Ereignisse eine Entwicklung.
Ich kann das Buch empfehlen und bin gespannt auf die folgenden Bände.

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Chris Hadfield: The Apollo murders

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 6. März 2022 in Literatur

Chris Hadfield: The Apollo murders. Quercus, London 2021. ISBN 978-1-52940-682-5, 470 Seiten

Der Rückentext lässt hoffen: ein Roman, geschrieben von einem echten Astronauten, über einen der Apollo-Mondflüge. Die Pressestimmen dazu waren positiv, also "ran ans Werk".

Der Roman spielt in den 1970er Jahren, auf der Erde beherrscht der kalte Krieg die beiden Supermächte und im Weltraum wird dieser im Streben nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und Dominanz fortgeführt. Die Amerikaner waren mit den Apollo-Mondlandungen erfolgreich, die Sowjets mit unbemannten Sonden wie Lunokhod. Aber auch die beginnende Verlagerung der gegenseitigen Spionageflüge auf Satelliten im Weltraum findet zu dieser Zeit statt.

In dieser Situation erleben wir die Vorbereitungen für die letzte Apollo-Mission (Nummer 18), die sich recht schnell als militärische Mission herauskristallisiert. Denn Geheimdienstberichten zufolge haben die Sowjets einen neuen Satelliten gestartet, der bald in Dienst gestellt werden soll und dadurch die geheimen Aktivitäten der Amerikaner bedroht. Bei den Vorbereitungen zum Flug kommt es zu einem tragischen Unfall, wodurch der Kommandant der Ersatzcrew die Chance auf den Raumflug hat. Da die Amerikaner in dem neuen Satelliten eine Bedrohung sehen, sollen die Astronauten diesen auf dem Flug zum Mond außer Gefecht setzen.

Parallel erfahren wir von den Aktivitäten der Russen, die natürlich genauestens den Flug und dessen Vorbereitungen verfolgen. Gleichzeitig machen sie mit dem Rover Lunokhod eine wichtige Entdeckung. Und irgendeine geheimnisvolle Operation wird vorbereitet, die auf einen Spion in den amerikanischen Reihen schließen lässt.

Ab dem Start der Apollo 18 beginnt sich ein rasantes Spiel zu entwickeln. Der kurze Abstecher zum russischen Satelliten entwickelt sich dramatisch anders als geplant. Auf dem weiteren Flug zum Mond kommt es zu weiteren, überraschenden Entwicklungen und auf dem Mond gipfelt die Situation zu einem weiteren Kräftemessen zwischen den Supermächten.

Bei der Rückkehr zur Erde und der Landung im Pazifik kommt es schließlich zum Showdown, bei dem ich zugegeben mittlerweile etwas ausgestiegen bin. Da sind nach meinem Geschmack dem Autor die Handlungsfäden etwas arg in die Agententhriller dieser Zeit abgeglitten.
Daher betrachte ich diesen Roman auch eher als Thriller, denn als Science Fiction Roman. Zugutezuhalten ist dem Autor die fundierte Kenntnis von dem worüber er schreibt. Insgesamt finde ich es aber etwas schade, dass ich nicht immer die Grenze zwischen historischer Realität und Fiktion erkennen konnte, gerade die Ausführungen über das Apollo-Programm fand ich interessant. Trotzdem ein spannendes Buch!

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Moritz Heger: Aus der Mitte des Sees

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 6. März 2022 in Literatur

Moritz Heger: Aus der Mitte des Sees. Diogenes, Zürich 2021. ISBN 978-3-257-07146-7, 245 Seiten

Zwischen all den actiongeladenen und epischen Erzählungen und Dystopien tut es gut, auch mal etwas stilles, unaufgeregtes zu lesen. Und genau das sind auch die beiden Attribute, mit denen ich Kollegen und Freunden dieses Büchlein beschrieb: still und unaufgeregt.

Ort der Handlung ist eine Abtei der Benediktinier, Hauptperson der Handlung ist Lukas. Wobei Handlung hier beinahe ein etwas übertriebener Begriff ist, liest man doch viel über Eindrücke und Gedanken. Die beiden wichtigsten Orte sind die Abtei und ein nahe gelegener See, an dem Lukas beinahe täglich schwimmen geht. Dort denkt er auch über das Leben, seine Mitbrüder und auch seinen gleichaltrigen, ehemaligen Freund nach, der vor einiger Zeit das Kloster verlassen hat, um eine Familie zu gründen. Gerade mit diesem befindet es sich anfangs im gedanklichen Dialog.

Eine junge Frau besucht irgendwann das Kloster und zwischen den beiden entspinnt sich ein oftmals nur gedanklich geführter Austausch, der in Lukas zu einer gewissen Veränderung führt, die sich am Ende sogar auf die Zukunft des Klosters auswirkt.

Wie erwähnt, beschränkt sich die Handlung weitgehend auf Spaziergänge, Schwimmen im See und Abläufe im Kloster. Lukas spricht häufig nur in seinen Gedanken mit anderen, insgesamt hat das etwas sehr beruhigendes, wie ich finde. Die Geschichte hat dennoch eine Entwicklung, die am Ende sogar recht überraschende Früchte trägt, aber stets in einer so ruhigen Art geschildert wird, dass es selbst bei mir nicht zu einem verwunderten Ausruf führte - anders, als wenn ich in wenigen kurzen Sätzen den Inhalt zusammengefasst bekommen hätte.

Ein entspannendes Buch, um zwischendurch mal etwas zur Ruhe zu kommen und um vielleicht auch einmal zu versuchen, in die Gedankenwelt eines besonderen Menschen zu schlüpfen. Es wird vielleicht nicht jeder oder jedem gefallen, ich fand es jedenfalls lesenswert.

 

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Brian W. Aldiss: Der lange Nachmittag der Erde

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 20. Februar 2022 in Literatur

Brian W. Aldiss: Der lange Nachmittag der Erde. Heyne, München 2021 (1960). ISBN 978-3-453-32043-7, 431 Seiten

Dieser Klassiker von Brian Aldiss aus dem Jahr 1960 hat es in sich, Heyne hat die Neuauflage mit einem Vor- und Nachwort versehen, das dem Leser hilft, die doch sehr ungewöhnliche Geschichte besser einzuordnen. Ich persönlich finde, die Geschichte lohnt sich zu lesen, man muss sich aber auch darauf einlassen.

Das Szenario spielt in ferner Zukunft, die Erde dreht sich nicht mehr und die Entfernung zum Mond hat sich dramatisch verkürzt. Es gibt eine Tagseite, auf der die Handlung überwiegend spielt, eine unbekannte Nachtseite und ein Teil der Handlung findet auf dem Mond statt. Die Struktur des Leben auf der Erde hat sich verändert, Tiere und Menschen wurden von den Pflanzen im Wortsinne überwuchert. Genaugenommen haben die Pflanzen die Herrschaft über die Erde, sie bedecken die Tagseite von Erde und Mond und haben sich weiterentwickelt in dem Sinne, dass sie auch die Funktionen und Verhaltensweisen von Tieren nachahmen. So gibt es Pflanzen, die sich wie riesige Spinnen verhalten oder auch Schnappklappbäume - viele der Wesen werden mit solchen ungewöhnlichen Namen bezeichnet. Die Menschen existieren in einer nur noch deutlich zurückentwickelten Form, sie leben im Dschungel, von der ehemaligen Zivilisation ist zunächst nichts mehr zu erkennen. Das Leben ist geprägt von ständigen Todesgefahren und spielt sich in kleinen Familiengruppen ab.

In einer solchen Familiengruppe treffen wir auf Gren, der als Männchen in einem Matriarchat zwar nichts zu sagen hat, aber trotzdem für die Fortpflanzung und somit den Fortbestand der Gruppe wichtig ist. Nur kollidiert das mit seiner Neugier und er nimmt trotzdem eine aktive Rolle ein. Dies bringt ihm erst einmal Ärger in der Gruppe ein, führt ihn aber auch auf eine lange und überraschende Reise über die Welt. Dabei begegnet er vielen fantastischen Kreaturen und Konzepten, die mich allesamt zum Nachdenken anregten.

Wie gesagt, das Buch ist beileibe kein Mainstream und erscheint konzeptionell auch manchmal etwas aus der Zeit gefallen. Aber gerade das, finde ich, hat auch schon wieder einen besonderen Reiz. Denn bestimmte Themen, etwa Gesellschaftskonzepte oder das Streben nach Erkenntnis (umgekehrt auch der Wunsch, alles möge so bleiben wie es ist), sind zeitlos.

Meine Bewertung ist daher sehr positiv, auch wenn das Buch sicher nicht jedem gefallen wird. Ich empfehle daher, erst mal reinzublättern.

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David Gerrold: Hella

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 13. Februar 2022 in Literatur

David Gerrold: Hella. DAW Books, New York 2022. ISBN 978-0-7564-1658-4, 441 Seiten

Wow, endlich mal wieder ein neuartiges Setting, gewürzt mit einigen Ideen zu unverkrampfteren Gesellschaftsentwürfen. Worum geht es?

Kyle lebt mit seiner Mutter und seinem Bruder auf Hella, einem Planeten, der von menschlichen Kolonisten besiedelt wurde. Wobei das auf Hella nicht ganz so einfach ist - der Planet hat einige Besonderheiten. So ist die Gravitation niedriger und der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre höher als auf der Erde. Folglich ist die Flora und Fauna anders ausgeprägt, größer halt. Viel größer. Bäume werden schon mal drei Meilen hoch, die einheimischen Saurier riesig. 
Durch die klimatisch extremen Jahreszeiten ziehen die Menschen regelmäßig zwischen Sommerland und Winterland um.

In dieser Situation muss jeder mit anpacken, da die Kolonie noch klein ist, wird jede Hilfe gebraucht. Kyle ist, nun ja, etwas anders, er denkt sehr schnell, dafür tut er sich mit Emotionen und den Zwischentönen menschlicher Kommunikation schwer. Doch für ihn findet sich eine große Aufgabe: er dokumentiert und beschreibt das Leben auf Hella für die neuen Kolonisten, die sich mit einem Raumschiff im Anflug befinden. Denn, so ergab die Erfahrung, viele der anfänglichen Verluste sind der Unerfahrenheit von Neuankömmlingen geschuldet.

Doch auch in der kleinsten Ansiedlung von Menschen kommt es zu Fehlentwicklungen, die sich hier langsam aber deutlich entwickeln und das Zusammenleben in der bisherigen, fragilen Form stark gefährden. Kyle spielt eine große Rolle im Versuch, das zu verhindern.

Allein die Beschreibung der Welt Hella ist schon interessant. Noch spannender fand ich die so nebenbei beschriebene Gesellschaftsordnung, die auch familiäre Gemeinschaften in gleichgeschlechtlicher Weise, aber auch mit mehreren Müttern oder Vätern ermöglicht. Ja sogar das eigene Geschlecht lässt sich verändern, auf Wunsch sogar mehrfach. In der beschriebenen Gesellschaft kommt das sehr nachvollziehbar und schon fast gewöhnlich herüber, für mich durchaus ein Gedankenanstoß.

Ich kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen.

 

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Lisa-Marie Reuter: Exit this City

Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 6. Januar 2022 in Literatur

Lisa-Marie Reuter: Exit this City. Fischer Tor, Frankfurt a.M. 2021. ISBN 978-3-596-70482-8, 427 Seiten

Das Cover des Buches zeigt eine futuristische Stadtansicht und eine Biene, insgesamt ist es sehr "cyberspacig" gestaltet. Das gibt uns einen Vorgeschmack auf das, was wir hier zu erwarten haben.

Die Geschichte beginnt mit einem verstörenden Erlebnis von Paksha. Die junge Frau kommt von einer andamanischen Insel, die dem Klimawandel zum Opfer gefallen ist, und lebt jetzt im Sektor Main-4/ME. Diese Region in der Nähe von Würzburg dient dem Anbau von Realfood. Dies ist mittlerweile (die Geschichte spielt in der Zukunft) selten und teuer, sodass reiche Inder auf ihren Ländereien deutsche Arbeiter dies anbauen lassen. Durch einen Zufall trifft sie hier auf Veeru, die in dem sich gerade entwickelnden Aufstand eine führende Rolle einnimmt.

Veeru ist nämlich eine besondere Frau - sie hat den Stich einer der genetisch modifizierten, "zoologically optimized mutant bees", kurz ZOMBees, überlebt. Normalerweise ist das nämlich innerhalb weniger Tage tödlich und das ist auch einer der Gründe für den Aufstand. Zwischen Veeru und Paksha entwickelt sich eine enge Beziehung, beide spielen im Verlauf des Aufstands und der Entwicklung der Geschichte eine entscheidende Rolle.

Im zweiten Handlungsstrang begegnen wir dem Ich-Erzähler mit seinem Hund Ray in Delhi. Der Erzähler hat anfangs noch keinen Namen, er weiß auch nicht wirklich etwas über seine Vergangenheit. Er schlägt sich als Kurier für Essen durch und sucht nach Ersatzteilen für sein Raumschiff. Nach und nach bekommt er Teile seiner Erinnerung zurück und wie sich die Dinge entwickeln, haben die Hauptpersonen mehr miteinander zu tun, als man vermuten würde - schließlich leben sie auf beinahe entgegengesetzten Seiten des Planeten.

Dieses Buch finde ich gelungen, entführt sie uns doch in ein erfrischend anderes Szenario. Die Erde leidet unter den Folgen des Klimawandels und gut gemeinte genetische Veränderungen an Organismen haben eine neue Gefahr hervorgebracht. Das uns bekannte Verhältnis von reichen Mitteleuropäern zur unter ärmlichen Verhältnissen lebenden Menschen in Indien hat sich umgekehrt. Allein das regt schon zum Nachdenken an.
Ergänzend spielt ein Teil der Handlung gleich hier bei mir um die Ecke, mit vertrauten Ortsnamen und Landschaften.
Die Handlung bleibt spannend, erst gegen Ende erfährt man etwas über die tatsächlichen Ziele der Hauptpersonen. Trotz überraschender Wendungen bleibt die Geschichte in meinen Augen glaubwürdig (soweit dies bei einem Zukunftsroman überhaupt möglich ist).
Gewürzt wird das Ganze durch kurze Einflüsse aus der indischen Mythologie, die Autorin ist studierte Indologin.

Spannend, zum Nachdenken anregend, flüssig zu lesend und sogar ein kleines bisschen lehrreich - ich freie mich auf weitere Romane von Lisa-Marie Reuter!

 

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Dmitry Glukhovsky: Der Posten

Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 11. Dezember 2021 in Literatur

Dmitry Glukhovsky: Der Posten. Heyne, München 2021. ISBN 978-3-453-32177-9, 413 Seiten

Nachdem ich vom Autor die Metro-Trilogie gelesen hatte und eigentlich auch ganz gut fand, war ich neugierig auf sein neues Werk Outpost - Der Posten.

Die Geschichte spielt wieder in Russland, diesmal allerdings in einem abgelegenen Grenzposten. Auf der einen Seite der Grenze liegt Moskau mit den Überbleibseln eines Reiches, das durch einen zurückliegenden Krieg vom Rest des ehemaligen Imperiums abgetrennt wurde. Die Grenze ist hier ein Fluss mit einer tödlich giftigen Brühe, nur durch eine Eisenbahnbrücke zu überqueren. Der Grenzposten hat die Aufgabe, niemand von jenseits der Brücke ins Land zu lassen. Es kam aber auch schon lange niemand mehr...

Der Grenzposten selbst ist ganz nett als verfallender Posten im Stile abgelegener sowjetischer Militärsiedlungen porträtiert. Man ist von Lebensmittellieferungen aus der fernen Hauptstadt abhängig, die Umgebung ist unwirtlich, es herrscht das Militär in Form von Kommandant Sergej Petrowitsch, der wie viele seiner Untergebenen recht abgerissen daherkommt und dem Alkohol nicht abgeneigt ist. Unser Held Jegor ist dessen Stiefsohn und träumt von einer Karriere als Musiker, was in dieser Umgebung nicht wirklich realistisch ist. Seine Angebetete Michelle ist die Schönheit des Postens, nimmt ihn aber nicht wirklich wahr und träumt sowieso davon, nach Moskau abzuhauen.

So weit, so trostlos. Eines Tages kommt aber doch jemand über die Brücke, ein Pope. Sobald er sich von der gefährlichen Überquerung der Brücke einigermaßen erholt hat, bringt er die Bewohner des Postens mit seinen düsteren Prophezeiungen gehörig durcheinander. Der Kommandant Sergej muss um seine Autorität kämpfen, nicht einfach, da auch die Lebensmittel knapp werden und die Lieferungen aus Moskau ausbleiben. Dann erscheint auch noch unerwartet ein Kommando schneidiger Kosaken auf einer Mission.

Die Geschichte beginnt für mich eigentlich ganz interessant, gerade der junge Jegor wird recht gut beschrieben. In die Umgebung konnte ich mich gut hineinversetzen, auch wenn ziemlich viele Klischees bedient wurden. Einige Handlungsstränge kommen mir so vor, als wäre das Werk übereilt veröffentlicht worden, ohne völlig fertiggestellt worden zu sein. Die düsteren Andeutungen erzeugen dennoch eine bedrückende Spannung. 
Das Ende empfand ich persönlich als unnötige Gewaltorgie, wenngleich es dann doch zu einem kleinen Happy End kommt. Das war aber irgendwie vorhersehbar.

Insgesamt war ich ehrlich etwas enttäuscht, aus dem Setting hätte der Autor mehr machen können. In Metro hat er gezeigt, dass er es kann.
Bei diesem Buch überlege ich tatsächlich, ob ich es mir ins Regal stelle oder doch gleich wieder abgebe - was nicht oft vorkommt.

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Bethany Clift: Die Letzte macht das Licht aus

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 28. November 2021 in Literatur

Bethany Clift: Die Letzte macht das Licht aus. Heyne, München 2021. ISBN 978-3-453-27342-9, 463 Seiten

Ein starker Roman, der auf mehreren Ebenen eine außergewöhnliche Episode im Leben der Protagonistin erzählt.
Die Geschichte beginnt im Herbst 2023 damit, dass die mit ihrem Mann in London lebende Erzählerin von 6DM berichtet, einer tödlichen und sich rasend schnell ausbreitenden Seuche. Von den ersten Symptomen bis zum Tod vergehen 6 Tage, daher 6DM - six days mortal. Nach nur wenig Verzögerung kommt das Virus auch auf der Insel an, obwohl Corona-erprobte Maßnahmen ergriffen wurden: Lockdown, Grenzschließungen (hier unter anderem in Form der Sprengung des Kanaltunnels). 

Die Heldin beschreibt den Niedergang der Menschheit auch immer wieder in Form von kurzen Nachrichten-Headlines. Auch vor ihrem Umfeld macht die Seuche keinen Halt: Freunde, Kollegen, Nachbarn, ja sogar ihr eigener Mann sterben. Von jetzt an ist sie auf sich allein gestellt!
Anfangs kann sie sich noch recht einfach versorgen, es gibt Vorräte in Geschäften, für kurze Zeit gibt es auch noch Strom und Internet. Doch schnell versagen auch diese Annehmlichkeiten und sie erkennt, dass sie als Stadtbewohnerin eigentlich gar nicht auf so eine Situation vorbereitet ist. Besonders ihre Unselbständigkeit und ihre gelegentlichen Panikattacken sind da überhaupt nicht hilfreich.

Zwischendurch erfolgen Rückblicke auf ihr Leben, in dem sie sich von Job zu Job treiben ließ und gerade erst dabei war, sich eine berufliche Existenz und ein Familienleben aufzubauen. Im Wechsel dazu beschreibt sie eindrücklich, wie sie in einer zerfallenden Zivilisation mit den ganzen Toten überlebt und versucht, weitere Überlebende zu finden. 

Im Verlauf des Romans ergeben sich überraschende Entwicklungen, die ich hier nicht vorwegnehmen möchte. Ich fand das Buch sehr gut geschrieben, durch die wechselnde Perspektive auf die Vergangenheit und das Jetzt entsteht ein sehr plastisches Bild unserer Heldin. Ich konnte ich ihre Ängste und Probleme mit der Zeit immer besser nachvollziehen. Gleichzeitig macht sie durch diese Extremsituation eine glaubwürdige Entwicklung durch.
Besonders beeindruckt hat mich die Beschreibung der Situation mit den vielen Toten, in der aktuellen Corona-Situation hat mich das zum Nachdenken gebracht. Klar, der Roman treibt das Szenario auf die Spitze, aber so sicher wie sich mancher fühlen mag, sind wie vielleicht gar nicht?

Von mir eine klare Empfehlung, trotz des sehr düsteren Settings sind wir hier weit vom Horror-Genre entfernt, an der einen oder anderen Stelle lockert Humor und Selbstironie das Geschehen auf und das Hauptthema ist die Entwicklung, die die Heldin durchmacht.

 

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Paolo Cognetti: Das Glück des Wolfes

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 21. November 2021 in Literatur

Paolo Cognetti: Das Glück des Wolfes. Penguin, München 2021. ISBN 978-3-328-60203-3, 203 Seiten

Der Autor Paolo Cognetti beschreibt in seinem Roman Das Glück des Wolfes eine Episode aus dem Leben  unterschiedlicher Menschen. Die Handlung spielt großteils in der Bergregion um den Monte Rosa in Italien.
Der Schriftsteller Fausto ist in die Bergregion gezogen, um sich nach der Trennung von seiner Frau in der Ruhe und Abgeschiedenheit der Berge wieder auf das Schreiben zu besinnen. Die junge Silvia könnte man unter anderem als Weltenbummlerin bezeichnen, beide arbeiten in der Ski-Saison zufällig im selben Restaurant. Dieses wird betrieben von Babette, die jedoch den Sommer über das Restaurant schließt und ihre eigenen Wege verfolgt.
Zwischen Fausto und Silvia entwickelt sich eine romantische Beziehung, aber auch zu den oftmals rauen Bewohnern des Ortes und überhaupt zu dieser Gebirgsregion entwickelt Fausto ebenfalls eine immer tiefer gehende Beziehung. 

Der Autor schreibt in einem unaufgeregten, leichten und durchaus schönen Stil über die wenigen Hauptpersonen, die alle ihre eigene Geschichte haben und aus unterschiedlichen Gründen an diesen Ort gekommen sind. Die Handlung ist aus meiner Sicht nicht besonders spektakulär, wird aber häufig und stimmig durch Beschreibungen der Landschaft und Natur ergänzt.

Im Rückblick fand ich den Roman sehr angenehm und flüssig zu lesen, es gab wenig überraschende Wendungen. Hier hätte ich mir etwas mehr Tiefe und in insgesamt auch etwas mehr Umfang gewünscht, die gut 200 Seiten waren in zwei Abenden gelesen. Dennoch hat mir das Buch gut getan, ich fand es entspannend und es regt zum Nachdenken an über die Gegensätze von eher schnellem und materiell geprägtem Stadtleben zu jahreszeitlich geprägtem Leben in rauer Natur.

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Robert A. Heinlein: Der Zeitsprung

Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 4. November 2021 in Literatur

Robert A. Heinlein: Der Zeitsprung. Heyne, München 2016 (1964). ISBN 978-3-453-31627-0, 432 Seiten

Robert Heinlein ist mir aus mehreren Werken schon vertraut, er ist einer der Großen des klassischen Science-Fiction Genres. Sein Buch "Der Zeitsprung" kam ursprünglich 1964 heraus und wurde 2016 von Heyne als ungekürzte Originalfassung erneut herausgegeben, mittlerweile in der zweiten Auflage.

Die Geschichte beginnt in den Vereinigten Staaten zur Zeit des kalten Krieges. Hugh Farnham ist besorgt über die sich zuspitzende politische Lage und hat für sich und seine Familie vorgesorgt: er hat, wie viele zu dieser Zeit, einen Bunker gebaut und mit Vorräten ausgestattet. Als er eines Abends mit seiner Frau, seinen beiden erwachsenen Kindern, einer Freundin und dem Hausangestellten zu Hause beim Kartenspielen sitzt, passiert es: der Atomkrieg bricht aus!

Dank des Bunkers können sich alle im Haus retten, auch wenn einer der Einschläge sehr stark ist. Aus der steigenden Temperatur im Bunker schließen sie, dass an der Oberfläche ein Feuersturm tobt. Nach einiger Zeit schauen sie wieder an die Oberfläche, um festzustellen, dass etwas besonderes passiert sein muss. Außer dem Bunker sind alle anderen Anzeichen von Zivilisation verschwunden, die Natur hat sich die Landschaft zurückerobert.

Die Familie beginnt sich in dieser Situation einzurichten, wobei Hugh als Familienoberhaupt das Kommando übernimmt und ganz im Stil der Zeit durch Wissen und Technik das Überleben ermöglicht. So schaffen sie sich durch Bau eines Staudamms und eines Kanals fließendes Wasser und planen sogar eine Schmiede. Es treten jedoch zunehmend Spannungen und Konflikte zu Tage, etwa die Entfremdung von Hughs alkoholabhängiger Frau Grace oder Rassenkonflikte, die bisher unter der Oberfläche verborgen lagen - Joseph, der Hausangestellte, ist schwarz, die Familie und die Freundin weiß.

Als sich die Situation zuspitzt, kommt unerwartet Kontakt zu anderen Wesen zustande. Genaugenommen sind es Menschen 2000 Jahre in der Zukunft, dahin hat der letzte Bombentreffer die Familie wohl verschlagen. Das Abenteuer setzt sich fort...

Der Roman verbindet gekonnt zwei Themen, die zu der Zeit der 1960er Jahre in den Vereinigten Staaten eine große Bedeutung hatten, den Kalten Krieg und die Rassenkonflikte. Das Atomschlagszenario liefert den Rahmen für eine fesselnde Ausarbeitung der Spannungen in der Familie. Die Begegnung mit den Menschen der Zukunft bietet ein interessantes Feld zur Reflexion der Frage, wie sich zu der Zeit das Zusammenleben von weißen und schwarzen Bevölkerungsgruppen darstellte.
Auch wenn manche Formulierungen und Verhaltensweisen heute etwas aus der Zeit gefallen scheinen, so sind die Themen doch auch zeitlos und auf unsere Gegenwart übertragbar. Das schätze ich an den Klassikern besonders, dass sie oftmals überragende gesellschaftliche Themen aufgreifen und als Utopie oder Dystopie weiterspinnen und dadurch auch gerne mal den Finger in die Wunden der Gegenwart legen.

Heyne nennt den Roman ein "legendäres Science-Fiction-Meisterwerk" - ich schließe mich dem an.

 

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Andy Weir: Artemis, Der Astronaut, Der Marsianer

Geschrieben von Ralph Troppmann am Mittwoch, 13. Oktober 2021 in Literatur

Andy Weir: Artemis. Heyne, München 2019. ISBN 978-3-453-31936-3, 432 Seiten

Ein spannender Roman der auf dem Mond spielt. Genaugenommen handelt er von Ereignissen in der Artemis-Kolonie, die junge Jasmine "Jazz" Bashara lebt hier und bestreitet ihren Lebensunterhalt als Trägerin, sie transportiert Dinge von hier nach dort. Ihr Ziel ist, genug zu verdienen, um ihrer winzigen Behausung ohne Komfort zu entkommen. Dazu unternimmt sie auch ein paar lukrativere, wenn auch nicht vollständig legale Operationen. Einen besseren Job als Touristenführer kann sie erst antreten, wenn sie die Prüfung für Einsätze außerhalb der Wohnkuppeln auf der freien Mondoberfläche bestanden hat, was sie beim letzten Versuch allerdings versemmelt hat...
Daher kommt ihr ein spezieller und geheimnisvoller, dafür umso besser bezahlter Spezialauftrag sehr entgegen. Allerdings entwickelt sich dieser natürlich nicht wie erwartet und überraschende Entwicklungen bringen nicht nur Jazz in höchste Gefahr...
Der Schreibstil von Andy Weir ist schon besonders, sehr flüssig zu lesen, witzig, an manchen Stellen auch flapsig und mit Vorurteilen spielend, ohne jedoch feine Grenzen zu überschreiten. Für mich ein neuer Favorit und eine klare Empfehlung!

 

Andy Weir: Der Astronaut. Heine, München 2021, ISBN 978-3-453-32134-2, 554 Seiten

Ein Roman, der in naher Zukunft spielt. Wissenschaftler bemerken, dass die Strahlung der Sonne nachlässt. Erste Analysen legen nahe, dass sich das katastrophal auf die Lebewesen der Erde auswirken wird. Proben decken besondere Organismen als Ursache der Anomalien auf, unser Protagonist Dr. Ryland Grace arbeitet als Lehrer, nachdem er früher als Wissenschaftler mit einer gewagten These keine Anerkennung gefunden hatte. Diese These, es könne Lebewesen geben, die nicht auf Wasser basieren, macht ihn zur Lösung der anstehenden Krise mit den neu entdeckten Organismen interessant.
Die Geschichte springt anfangs immer wieder zwischen der Zeit auf der Erde und der Zeit in einem Raumschiff hin und her. Hier erwacht unser Held und muss erst herausfinden, wo und wer er ist. Dabei geht er sehr analytisch vor, die Beschreibungen sind für physikalisch interessierte Leser eine wahre Freude!
Nach einiger Zeit klärt sich die Geschichte und die Mission von Grace auf und entwickelt sich sehr spannend.
Hier ist Andy Weir aus meiner Sicht wieder ein hervorragender Roman gelungen. Die Geschichte ist sehr kurzweilig uns spannen zu lesen, wobei gerade die Handlungen im Weltraum oft unaufgeregt und einfühlsam erzählt werden. Durch aufwändige Recherche gelang es ihm, eine plausible und neuartige Umgebung zu schaffen, die auch wissenschaftlich interessierte nicht langweilt und die ich sehr anregend fand.
Der übliche Humor kommt nicht zu kurz, ohne dabei das Gesamtwerk zu stören - auch hier von mir eine klare Empfehlung, nicht nur für SciFi-Fans!

 

Andy Weir: Der Marsianer. Heine, München 2014. ISBN 978-3-453-31583-9, 508 Seiten

Den chronologisch ersten Roman (wobei die Reihenfolge hier völlig egal ist) habe ich zuletzt gelesen. Warum? Nun, ich hatten den Film schon gesehen und war skeptisch. Nicht, weil der Film nicht gut gewesen wäre (hat mit sehr gut gefallen), sondern weil ich stets versuche, zuerst das Buch zu lesen und dann erst den Film anzusehen. Hier wurde ich jedoch nicht enttäuscht, es funktioniert in diesem Fall auch anders herum, ohne dass man sich durch Kenntnis des Films in der eigenen Vorstellung beschränken müsste.
Das Buch handelt auch in nicht allzu ferner Zukunft. Mark Watney wird auf dem Mars während einer Notfall-Evakuierung irrtümlich für tot gehalten und zurückgelassen. Der Rest der Crew befindet sich bereits auf dem Rückflug zur Erde, als Mark es verletzt aber am Leben in die zurückgelassene Wohnkuppel schafft. Dort hat er zunächst alles, was er zum Überleben braucht. Doch nach kurzer Überlegung erkennt er, dass die Vorräte nicht bis zu möglichen Rettungsszenarien reichen werden. Außerdem halten ihn ja alle für tot.
Mit Kreativität und Hartnäckigkeit, aber auch aufgrund biologischer und ingenieurtechnischer Fähigkeiten gelingt es ihm aber doch, einen Plan auszuarbeiten. Das größte Problem neben der Vorräten ist die Kommunikation zur Erde, die dafür vorgesehene Antenne hat einen Sandsturm nicht überstanden. Doch zum Glück haben vorhergehende Missionen passendes Equipment zurückgelassen.
Parallel arbeiten die NASA und andere Organisationen fieberhaft an einer Rettungsmission, die jedoch aufgrund der Eile scheitert.
Auch hier hat sich der Autor tief eingearbeitet und präsentiert eine wissenschaftlich und technisch fundierte Geschichte, die tatsächlich nicht völlig unmöglich scheint. Der Schreibstil und Humor von Andy Weir machen das Lesen zu einem Vergnügen. Die vielen Rückschläge lassen mit dem Helden mitfühlen, durch analytisches Vorgehen kann er immer wieder scheinbar ausweglose Situationen beherrschen. Doch bis zur Rettung ist es ein langer Weg, auf dem viele Hindernisse liegen...
Eine sehr gelungene Geschichte!

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The Watchers. Wissen kann tödlich sein

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 19. September 2021 in Literatur

John Marrs: The Watchers. Wissen kann tödlich sein
Heyne, München: 2021. 542 Seiten. ISBN: 978-3-453-32137-3

Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft, es beginnt mit einem Überfall auf einen autonom fahrenden Lastkraftwagen in Großbritannien. Dieser LKW transportiert jedoch keine gewöhnlichen Güter, sondern ist Teil eines Offline-Archivs der Regierung, die sich damit vor Hackerangriffen schützen will. Um die Daten zu schützen, wir der LKW zerstört und die Regierung verfolgt einen neuen Plan: die geheimen Informationen sollen als genetische Informationen im Gehirn von Menschen gespeichert werden. 
Zur Auswahl geeigneter Kandidaten greift man auf ein Rätsel zurück, das nur von wenigen Menschen mit besonderen geistigen Eigenschaften gelöst werden kann. Zu diesen Kandidaten nimmt man dann Kontakt auf und bietet ihnen an, ein neues Leben beginnen zu können. Als Gegenleistung müssen sie für eine festgelegte Zeitspanne die Geheiminformationen bewahren und ein Leben "unterhalb des Radars" ohne Kontakt zum Internet oder sogar ihrer Familie führen.
Die dargestellten Kandidaten erscheinen alle geeignet und suchen aus verschiedene Gründen tatsächlich sogar nach einem Neuanfang, sei es nach gescheiterter Beziehung oder beruflichem Misserfolg.
Der Plan wird also umgesetzt und die "Wächter", so nennt man nun die Bewahrer der Informationen, halten sich mit neuer Identität, einem Verteidigungstraining und ausreichend Finanzkraft ausgestattet an unbekannten Orten im Land auf. Nach und nach schimmern jedoch ein paar der Informationen bei den Wächtern durch und jede/jeder von ihnen geht unterschiedlich mit ihrer/seiner neuen Rolle um.
Kritisch wird es, als eine dritte Partei beginnt, die Wächter zu jagen.

Der Roman behandelt ein interessantes Thema, das gar nicht so weit hergeholt erscheint. Online gespeicherte Informationen sind sehr schwer vor unbefugten Zugriffen zu sichern, Offline-Archive sind auf andere Weise angreifbar, selbst wenn sie mobil sind. Die Beschreibung des Vorgehens der Regierungsstellen wird plausibel dargestellt, wobei auch der Leser hier nur häppchenweise eingeweiht wird. Die Wächter lernt der Leser bereits vor ihrer Transformation kennen und kann damit deren altes Leben und ihre Beweggründe für die Teilnahme am Programm nachvollziehen. Als sie ihr neues Leben führen, haben sie alle mit ihren Zwängen und Dämonen der Vergangenheit zu tun. Die Stimmen und Personen, die sie aus den implantierten Informationen wahrnehmen, beginnen fast real zu werden. Das hat der Autor meiner Meinung nach sehr gut beschrieben, ich war als Leser oft selbst unsicher, ob das jetzt Einbildung oder Realität ist.
Als es zur Verfolgung der Wächter kommt, ist lange unklar, wer hier eigentlich dahinter steht. Die Spannung kommt gut herüber, der schnelle Wechsel zwischen den Personen steigert die Geschwindigkeit der Handlung noch. Am Ende steht eine überraschende Wendung.

Mit gefällt das Buch, interessantes Szenario und mitreißend geschriebene, spannende Handlung!

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Iain M. Banks: The Algebraist

Geschrieben von Ralph Troppmann am Dienstag, 31. August 2021 in Literatur

Iain M. Banks: The Algebraist
Orbit, London: 2004. 534 Seiten. ISBN: 978-1-84149-229-2

Dieses Buch habe ich mir 2006 in London mitgenommen, das Cover und der Rückentext sprachen mich an. Nach den ersten paar Dutzend Seiten war der Aufenthalt dort vorbei und das Buch landete erst einmal auf dem "zu lesen"-Stapel. Nach einiger Zeit nahm ich es wieder zur Hand, habe es aber nicht viel über die 100 Seiten Marke geschafft. Seitdem schlummerte es wieder im Stapel, bis dieser langsam zum statischen Problem wurde...

Daher habe ich mir ein Limit gesetzt, dass ich mir erst wieder neue Bücher zugestehe, wenn ich mindestens 3 Bücher vom Stapel gelesen habe. Hat natürlich nicht funktioniert, aber das ist eine andere Geschichte :-)

Jetzt habe ich das Buch doch fertig gelesen und philosophiere zwischenzeitlich darüber, warum es Bücher gibt, die ich spannend finde, die sich aber dennoch irgendwie schwer lesen. Gerade hier ist die Story so gut, aber beim Lesen schweiften meine Gedanken oft ab und einzelne Abschnitte habe ich letztendlich 5 oder 6 Mal gelesen, bis ich den Inhalt wirklich erfasst hatte.

Iain Banks ist ein schottischer Schriftsteller, damals weilte ich häufiger dort und habe mich mit der schottischen Art angefreundet. Ich meine, Werke schottische Autoren beim Lesen (wie hier) von denen englischer und auch amerikanischer Autoren unterscheiden zu können. Fragt mich aber nicht nach objektiven Merkmalen, das ist eher so ein Gefühl.

Egal, lasst mich zum Inhalt kommen:

Es handelt sich um einen Science Fiction Roman, der im Jahre 4034 spielt. Die Menschheit hat sich über die Galaxis verbreitet, zusammen mit anderen Spezies, von denen einige recht gut beschrieben werden. Held der Geschichte ist Fassin Taak, der zu einer Art Gilde von Forschern gehört, die sich der Aufgabe verschrieben haben, möglichst viel über die Spezies der Bewohner zu lernen. Diese Bewohner sind besondere Wesen, die einerseits als Spezies schon ewig existieren (fast so lange wie das Universum) und die andererseits als Wesen auch extrem alt werden können (Jahrmilliarden). Sie leben in Gasriesen und über die ganze Galaxis verteilt. Aufgrund des Alters ihrer Zivilisation gelten sie als sehr wissend, da sie über die Zeit für jedes Thema inzwischen die beste Lösung gefunden haben müssen.

Aufgrund kriegerischer Ereignisse wird Fassin überraschend vom Imperium rekrutiert, um zusammen mit anderen eine bevorstehende Invasion abzuwehren. Bei einer seiner Forschungsreisen auf den Gasplaneten Nasqueron ist er nämlich auf etwas gestoßen, was die Reisen in der Galaxis durch viele Wurmlöcher erheblich vereinfachen und beschleunigen würde. Das im System vorhandene, künstlich erzeugt Wurmloch wurde von Rebellen zerstört und bis zur Installation eines neuen sind Reisen auf Unterlichtgeschwindigkeit reduziert, können also Jahrhunderte dauern. Genau in diesem langen Transfer ist nun eine Invasionsflotte, die das Geheimnis der Wurmlöcher an sich reißen will und auch die imperiale Verstärkung - unsicher ist, wer zuerst ankommt.

Die Story ist eingebettet in kurze Abschnitte über die Jugendfreundschaft von 4 Personen, von denen eine Fassin ist, zwei andere erreichen hohe Positionen in zwei der beteiligten Parteien. Fassin selbst macht sich auf eine lange Reise, bei der er hauptsächlich mit Bewohnern, aber auch anderen Wesen und künstlichen Intelligenzen in Kontakt kommt.

Mir gefiel die Story sehr gut, der Hauptstrang wird immer wieder aufgelockert durch Szenen aus der Jugend und aus der Sichtweise anderer Beteiligter, etwa dem brutalen Lusiferus, Anführer der Invasionsflotte. Es gibt immer wieder überraschende Wendungen und die Lösung des Rätsels selbst fand ich besonders unerwartet. Die Spezies sind besonders bei den Bewohnern gut dargestellt und auch deren ganz andere Art kommt gut zur Geltung.

Von mir eine Empfehlung für Freunde des Genres, aber auch eine kleine Warnung, da ich mir beim Lesen ungewohnt schwer getan habe.

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Die Finsternis zwischen den Sternen

Geschrieben von Ralph Troppmann am Dienstag, 27. Juli 2021 in Literatur

Christopher Ruocchio: Die Finsternis zwischen den Sternen
Heyne, München: 2021. 1068 Seiten. ISBN: 978-3-453-31829-8

Nach dem ersten Teil "Das Imperium der Stille" habe ich gespannt auf den zweiten Teil der Sonnenfresser-Saga gewartet. Die Geschichte um Lord Hadrian Anaxander Marlowe setzt sich fort mit der Roten Kompanie, einer Söldnertruppe. Diese wurde von ihm zusammen mit Lady Raine Smythe als Deckmantel ins Leben gerufen, um verdeckt nach dem geheimnisvollen Planeten Vorgossos zu suchen. Hinter dieser Fassade hat jedoch der imperiale Captain Bassander Lin das Sagen, was im Verlauf der Geschichte zu erheblichen Spannungen führen wird.

Der Planet Vorgossos soll Hadrian bei seinem Versuch, den Krieg mit den Cielcin zu beenden. Die Rote Kompanie gelangt tatsächlich auf diesen Planeten und kommt mit dem dort residierenden Ewigwährenden in Kontakt, einer Figur, die eigentlich nur aus Mythen bekannt ist.

Hadrian erlebt, dass vieles nicht ist, wie es scheint und steht vor Entscheidungen, die den Krieg beenden könnten. Die Geschichte nimmt jedoch stets einige überraschende Wendungen...

Das Buch ist erneut sehr umfangreich, der Autor Ruocchio beschreibt die Szenen sehr ausführlich. Er gibt einen tieferen Einblick in die neofeudale Welt, die Menschheit stammt schließlich von der Erde und die Strukturen sind an das römische und britische Imperium angelehnt.
Die Interaktion zwischen den Protagonisten wird ausführlich beschrieben, auch die Gefühlswelt des Helden findet genügend Raum. Besonders, als es um vertraute Personen und ihr sich veränderndes Verhältnis zum Helden geht oder dieser schwere Entscheidungen treffen muss, beschreibt der Autor alles sehr ausführlich. 

Die Geschichte ist somit sehr stimmig, wenn für mich persönlich auch nicht ganz so mitreißend wie im ersten Buch. Aber Die Entwicklung findet hier auch auf anderen Ebenen statt, somit kann ich das Buch trotzdem empfehlen. Bei zwischenzeitlichen Verwirrungen hilft übrigens wieder ein ausführlicher Anhang mit Begriffen, Orten und Personen.

Was bleibt, ist die gespannte Erwartung auf das nächste Buch.

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