Timur Vermes: Er ist wieder da

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 10. März 2024 in Literatur

Timur Vermes: Er ist wieder da. Eichborn, Köln 2012. ISBN: 978-3-8479-0517-2, 396 Seiten

Das Buch lag schon so lange auf meinen "zu lesen"-Stapel, dass ich es zwischenzeitlich schon vergessen hatte. Doch nachdem ich es gelesen habe, wird es mich sicher noch etwas beschäftigen. Ganz ehrlich - so richtig sicher bin ich mir immer noch nicht, wie gut ich den Roman finden soll...

Zunächst zur Geschichte, die ist eigentlich schnell erzählt: Adolf Hitler erwacht in einem Hinterhof in Berlin, im August 2011! Wie er dorthin kam und warum er jetzt wieder lebt, bleibt unbekannt, das ist für die Geschichte eigentlich auch gleichgültig. Auf der Suche nach der Reichskanzlei macht er erste verstörende Kontakte zu ein paar Jugendlichen, die er für Hitlerjungen hält, deren Sprache ihn aber irritiert. Kurz darauf erkennt er an einem Kiosk beim Studium der Bild-Zeitung, dass es 2011 ist, worauf er erst einmal ohnmächtig wird. Wieder zu sich gekommen, erfährt er vom Kioskbetreiber und aus den Zeitungen den aktuellen Stand "im Reich". Zunächst darf er im Kiosk übernachten, durch seine Uniform und sein Auftreten erregt er jedoch schnell Aufmerksamkeit. Da das alle als sehr überzeugende Comedy verstehen, wird er von einer Comedy-Show mit Ali Wizgür als Sidekick engagiert - ja, an vielen Stellen des Textes wird es sehr komisch, ich musste immer wieder lachen. Durch sein "Talent" erhält er immer mehr Aufmerksamkeit und wird zum YouTube-Star.

Der Text liest sich sehr flüssig und ist satirisch überspitzt geschrieben - "er" könnte vielleicht so ähnlich gewesen sein, völlig überzeugt und wenig an Nebensächlichkeiten interessiert. Die sind immer wieder eingeflochten, etwa die Frage, wozu der Führer einen Personalausweis braucht, darum hätte sich früher schließlich Borrmann gekümmert. Doch was mich etwas zweifeln lässt, und das hat der Autor vermutlich auch genau so beabsichtigt, ist die Einfachheit mancher Argumentation, die durchaus nachvollziehbar erscheint. Die Presse handhabt er (auch ohne Schlägertrupps wie früher) geschickt, ebenso wie gegen Ende die politischen Parteien. So ähnlich mag das damals vielleicht auch gewesen sein, und nicht einmal wiederwillig springen da einige auf. Völlig überzeichnet jedoch, so stellt sich kurz die Frage, ob nicht Die Grünen für ihn die passende Partei wäre, bis er seine Partei wieder aufbauen kann (die NPD hat er als Haufen Waschlappen erkannt).

Rein als humorvoller Roman betrachtet, musste ich beim Lesen immer wieder schmunzeln. Historische Kritik kommt nur in Spuren vor, etwa in Form von Oma Krömeier, einer Holocaust-Überlebenden. Wenn es neben der Komik noch unbewusst zum Nachdenken anregt, hat man gleich noch einen guten Nebeneffekt. Das Buch kann ich empfehlen, den Film kenne ich noch nicht.

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