Jürgen Ehlers: Sturm in die Freiheit
Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 9. Dezember 2023 in Literatur
Jürgen Ehlers: Sturm in die Freiheit. Heyne, München 2021. ISBN: 978-3-453-47178-8, 396 Seiten
Wolf Littke ist Kommandant eines deutschen U-Boots im zweiten Weltkrieg. Dort setzt er sich über Befehle hinweg, indem er Schiffbrüchige eines von ihm versenkten Schiffes rettet, was vom Oberkommando verboten wurde. Später wird sein Boot versenkt, doch er überlebt und kommt in britische Gefangenschaft. Dort bekommt er das Angebot, statt der Vollstreckung des Todesurteils auf eine Mission in Deutschland zu gehen. Dort soll er Hitler töten und dadurch den Krieg verkürzen. Er nimmt das Angebot an und wird zusammen mit drei weiteren, sehr unterschiedlichen Männern, für den Einsatz ausgebildet.
Als die Gruppe per Fallschirm in Deutschland landet, wollen sie einen Anschlag in der Wolfsschanze, einem der Hauptquartiere Hitlers vorbereiten. Man erfährt, dass parallel das bekannte Stauffenberg-Attentat geplant und vorbereitet wird. Wolf kommt aus der Gegend und nimmt Kontakt zu seinen Eltern auf, um Unterschlupf und Hilfe zu bekommen. Er erfährt, dass er Vater geworden ist, doch seine Freundin hat zwischenzeitlich einen anderen geheiratet.
Die Vorbereitungen zum Attentat schreiten voran, doch Hitler ist nicht hier, er weilt auf dem Obersalzberg. Während des Wartens versucht einer der Männer, seine Schwester aus einem Konzentrationslager zu befreien, ein weiterer nimmt Kontakt zu Partisanen auf. Das Attentat kann dann im letzten Moment doch nicht wie geplant ausgeführt werden, die Männer müssen fliehen.
Der Roman verbindet Fiktion und tatsächliche Situationen, Personen und Orte miteinander. Die Motivation einzelner Personen wird gut beschrieben, einiges bleibt aber auch der Fantasie des Lesers überlassen. Es gibt einige kleinere Nebenstränge, etwa mit Wolfs Bruder, die zur Atmosphäre einer wirren Zeit beitragen. Auch die Darstellung der NS-Größen und deren oft auch privater Motive gibt dem Roman einige Tiefe, wobei ich mir nicht sicher bin, was davon wirklich so gewesen sein könnte oder was frei erfunden ist.
Insgesamt ein spannendes Buch, auch wenn das Thema (KZs, Widerstand) stellenweise durchaus sensibel ist. Manche Stellen hätte der Autor noch weiter ausbauen können.
Arne Molfenter: Operation Doppeltes Spiel: Wie zwei Agenten den Sieg über Nazi-Deutschland retteten
Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 9. Dezember 2023 in Literatur
Arne Molfenter: Operation Doppeltes Spiel: Wie zwei Agenten den Sieg über Nazi-Deutschland retteten. Herder, Freiburg 2023. ISBN: 978-3-451-39582-6, 252 Seiten
Aus Romanen und Filmen hatte ich mir das Leben von Agenten immer sehr actiongeladen vorgestellt, daher habe ich das bisher zwar als gute Unterhaltung gesehen, aber nie für ganz Ernst genommen.
In dem vorliegenden Buch werden nun viele Episoden der realen Agententätigkeit von zwei Personen beschrieben, die im Zweiten Weltkrieg als Doppelagenten für Deutschland und die Alliierten tätig waren. Wichtiger Aufhänger ist dabei, dass besonders einer davon einen ausschweifenden Lebensstil pflegt, der sogar des erfundenen Filmhelden James Bond in den Schatten stellen würde. Dessen Schöpfer, Commander Ian Fleming vom britischen Militärnachrichtendienst, mag sich davon durchaus inspirieren haben lassen, war mit der Arbeit eines dieser Agenten gut vertraut.
Das Buch ist chronologisch gegliedert und stellt von der Entscheidung, als Agent tätig zu werden, über den Weg zum Doppelagenten und diverse Einsätze bis hin zum Ende des Krieges und sogar die Zeit danach viele Begebenheiten und Details dar. Ein großer Teil ist mit Quellen belegt, sodass es sich einerseits um ein spannend zu lesendes Buch handelt, das andererseits die wahren Abläufe soweit möglich sehr gut beschreibt.
Für mich war es aufschlussreich, dass Agenten gar nicht bewaffnet unterwegs sind und das ein enormer psychischer Druck auf ihnen lastet: eine falsche Aussage kann das Leben kosten, und man muss ständig mehrere Versionen im Kopf haben und zur richtigen Zeit der richtigen Person glaubhaft vermitteln.
Die Tätigkeit der Agenten läuft auf ein großartiges Manöver zu, nämlich der deutschen Seite eine viel größere Invasionsarmee an anderen Orten weiszumachen, als tatsächlich für den wirklichen D-Day geplant ist. Damit verschaffen sich die Alliierten einen möglicherweise entscheidenden taktischen Vorteil.
Das alles finde ich sehr gut dargestellt, einzig den ungeklärte Verbleib eines der beiden Agenten nach dem Krieg fand ich etwas unbefriedigend - doch dieses Schicksal erlitten sicher auch noch viele andere, dass der Verbleib in den Schrecken und Wirren dieser Zeit nicht mehr geklärt werden konnte.
Mir gefiel das Buch sehr: Umfang, Tiefe und Schreibstil fand ich sehr ausgewogen.
Vernor Vinge: Rainbows End
Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 2. Dezember 2023 in Literatur
Vernor Vinge: Rainbows End. Tor, New York 2006. ISBN: 978-0-312-85684-7, 364 pages
Die Geschichte spielt in der näheren Zukunft und zeichnet eine fortgeschritten digitalisierte Gesellschaft, die aber auch gespalten ist. So sind die Menschen unterschiedlich stark vernetzt, einige tragen entsprechende Kleidung als Koppler, andere wiederum sind quasi offline. Die digitalen Hilfsmittel entsprechen einer fortschrittlichen Version dessen, was hier heute Augmented Reality nennen.
Technologisch ist die Menschheit auch schon so weit, schwere Krankheiten zu heilen, etwa Alzheimer, die Ergebnisse hängen aber auch am dafür betriebenen Aufwand. So erwacht einer der Protagonisten aus dem geheilten Alzheimer-"Nebel" und besucht, zusammen mit anderen Geheilten, aber auch jugendlichen Schülern eine Schule. Dort lernen die Älteren mit der modernen Technologie umzugehen und arbeiten mit den Jugendlichen an gemeinsamen Projekten. Das bleibt nicht ohne Anpassungsschwierigkeiten, etwa von früheren Professoren, die gegenüber dem voll vernetzten Leben und Lernen skeptisch sind.
Die Geschichte spinnt sich um Intrigen und Spionage, getrieben von Mächten, die im Verlauf der Geschichte erst nach und nach klarer werden.
Für mich persönlich war die Geschichte selbst gar nicht einmal so spannend, vielmehr hat mich die interessante Story um die virtuelle oder verstärkte Realität fasziniert, und wie verschiedene Personen damit umgehen. Auch die Skizzierung der Macht, die einzelne Personen oder Organisationen besitzen und welchen Einfluss diese auf die ganze Welt ausüben können, fand ich spannend zu lesen. Thematisch sehe ich eine gewisse Nähe zu Neuromancer, ohne dass dies dem Umfang dieser Geschichte gerecht würde, da steckt noch einiges mehr drin. Für Interessierte an entsprechender aktueller Technologie und deren mögliche Weiterentwicklung sicher ein empfehlenswertes Buch.
Christian Bommarius: Im Rausch des Aufruhrs. Deutschland 1923
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 17. September 2023 in Literatur
Christian Bommarius: Im Rausch des Aufruhrs. Deutschland 1923. dtv, München 2022. ISBN: 978-3-42335202-4, 344 Seiten
Kein Roman, eher eine geschichtliche Reportage, aus meiner Sicht sehr lesenswert, durch die Unterteilung in einzelne Monate auch gut zwischendurch in kürzeren Abschnitten konsumierbar.
Es geht um die Ereignisse und wichtige Personen des Jahres 1923 in Deutschland. Aufflammender Nationalismus und extreme politische Strömungen, darunter auch Adolf Hitler, die beginnende Hyperinflation, Nachwirkungen des verlorenen ersten Weltkriegs mit den Spannungen gegenüber Frankreich, exzessives Nachtleben in Berlin und viele weitere Themen machen dieses Jahr besonders interessant. Der Autor gliedert nach Monaten, jedes dieser Kapitel leitet er mit zwei zeitgenössischen Fotografien und erläuterndem Text ein, dazu noch ein einseitiger Abriss der Ereignisse dieses Monats. Als Konstante (oder gerade Nicht-Konstante) nennt er den aktuellen Brotpreis, was für mich den Wahnsinn der Hyperinflation sehr plastisch werden lässt.
In den Kapiteln begegnen wir immer wieder bestimmten Personen, von Künstlern bis zu späteren NS-Größen, und lernen über deren Leben und Wirken. Naturgemäß ist es bei einem Buch von diesem Umfang nur möglich, einen ganz kleinen Ausschnitt zu zeigen, doch gelingt das dem Autor aus meiner Sicht recht gut. Gerade diesen regelmäßigen Perspektivenwechsel finde ich spannend, von der politischen Ebene des Staates bis hinunter zu bekannten Künstlern, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können.
Zum Abschluss erfahren wir, was mit den beschriebenen Personen weiter geschah und eine umfangreiche Quellensammlung ermöglicht das Vertiefen einzelner Themen.
Mit gefällt das Buch. Das Jahr 1923 fand ich vorher schon interessant, jetzt habe ich mehr Hintergrund dazu und der Blick in die Vergangenheit hilft mir immer wieder beim Einordnen der aktuellen Entwicklungen.
Julian Gough: Connect
Geschrieben von Ralph Troppmann am Freitag, 18. August 2023 in Literatur
Julian Gough: Connect. C. Bertelsmann, München 2019. ISBN: 978-3-570-10297-8, 619 Seiten
Colt ist ein junger Mann, der im Nevada der nahen Zukunft bei seiner Mutter lebt. Er verbringt seine Tage überwiegend in einer virtuellen Spielwelt, wo er spielt, aber auch das System weiterentwickelt. Mit der Interaktion mit anderen Menschen hat er ohnehin seine Schwierigkeiten, dafür hat er virtuell umso größere Erfolge. Seine Mutter Naomi ist Neurowissenschaftlerin und lebt getrennt von Colts Vater, der beim Geheimdienst tätig ist.
Naomi hat Erfolge bei Ihrer Forschung, will diese jedoch nicht veröffentlichen. Colt hingegen bringt sie dazu, an einem Kongress ihre Ergebnisse vorzustellen. Diese sind jedoch so brisant, dass der Geheimdienst alles versucht, die Veröffentlichung zu verhindern, da sie die nationale Sicherheit in Gefahr sehen.
Colt nimmt an sich schließlich heimlich ein Experiment mit diesen Forschungsergebnissen vor, um sich selbst zu verändern.
Darauf beginnt ein wildes Spiel zwischen Colt, seiner Mutter, seinem Vater und dem Geheimdienst und einer von diesen initiierten künstlichen Intelligenz.
Die Geschichte fand ich sehr mitreißend, da sie auch so viele Aspekte besitzt. Es geht um Hacker, Biotechnologie, geheimdienstliche Überwachung, unkontrollierte Macht einzelner Regierungsstellen, aber auch um Erotik und persönliche Entwicklungen. Alles ist gut miteinander verwoben und die Geschichte entwickelt sich rasant auf einen großen Show-down zu. Ergänzt wird der Roman mit passenden Zitaten zu Beginn einzelner Kapitel.
Von mir 100 Punkte, der Autor hat mich begeistert.
Christopher Ruocchio: Der Thron der Sonne
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 23. Juli 2023 in Literatur
Christopher Ruocchio: Der Thron der Sonne. Heyne, München 2023. ISBN: 978-3-453-31830-4, 1149 Seiten
Christopher Ruocchio hat sich mit der Sonnenfresser-Saga einen Platz in der Liste meiner Lieblings-Autoren gesichert. Schon der erste Teil, Imperium der Stille, gefiel mir sehr gut, die Erzählweise finde ich absolut mitreißend, die Dimensionen des Imperiums, aber auch der Zeitskalen bringt er aus meiner Sicht sehr plastisch nahe.
Hier nun im dritten Teil, Thron der Sonne, entwickelt sich der Kampf des Imperiums gegen die Alienrasse der Cielcin auf eine ganz hohe Stufe. Aber auch im Imperium bewegt sich einiges, ein Teil des Buches beschäftigt sich mit den Geschehnissen am Hof des Imperators, wo unser Held Hadrian Marlowe aufgrund seiner Erfolge einige Zeit verbringt. Er wird zu einer Art Vertrauten des Imperators und mit einem besonderen Auftrag betraut.
Die Geschichte fand ich wieder unheimlich spannend und durchaus einfühlsam geschrieben. Es kommen große Ereignisse und Schlachten vor, aber auch beinahe belanglose Ereignisse, die uns den Helden aber dennoch auf einer persönlichen Ebene näher bringen und besser verstehen lassen.
Ich freue mich sehr, dass bereits zwei weitere Bände vorliegen und ein Teil 6 angekündigt ist.
Guido Morselli: Dissipatio humani generis
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 11. Juni 2023 in Literatur
Guido Morselli: Dissipatio humani generis. Suhrkamp, Berlin 2021 (1977). ISBN: 978-3-518-22529-5, 188 Seiten
Dissipatio humani generis, die Auflösung des Menschengeschlechts, oder Die Einsamkeit - ein bedeutungsvoller Titel, der mich, auch nach einigen Empfehlungen, neugierig gemacht hat. Vor einigen Monaten hatte ich über den Roman "Die letzte macht das Licht aus" berichtet, worin in kurzer Zeit alle Menschen sterben, bis auf die Erzählerin. Hier passiert etwas ähnliches, doch hier verschwinden alle Menschen plötzlich vollständig, bis auf den Erzähler.
Unser Erzähler lebt in den Schweizer Bergen, er ist vor der Menschheit geflohen und lebt abgeschieden. Er will seinem Leben ein Ende setzen und begibt sich dazu in eine bestimmte Höhle, damit er nicht gefunden wird. Er lässt von seinem Vorhaben ab und geht zurück in seine Wohnung. Dort fällt ihm auf, dass die anderen Menschen in seiner Umgebung verschwunden sind und die Natur bereits beginnt, sich wieder auszubreiten.
Nach und nach stellt unser Erzähler fest, dass nicht nur sein direktes Umfeld betroffen ist, sondern vielleicht die ganze Welt. Er beginnt darüber zu philosophieren. Würde es einen Unterschied machen, ob es keine Menschen mehr auf der Welt gäbe oder vielleicht noch auf einer pazifischen Insel, man könnte sich aber nicht erreichen?
Neben täglichen Dingen zu erledigen, die das Überleben sichern, denkt der Erzähler auch viel über seine Situation nach. Dabei schweift er zuweilen recht philosophisch ab, elementare Lateinkenntnisse helfen an der einen oder anderen Stelle, noch mehr vom Text mitzunehmen.
Für mich ein eher ungewöhnliches Buch, gerade mit der Roman- und auch der wirklichen Lebensgeschichte des Autors. In einem Nachwort wird darauf eingegangen. Für mich gut zu lesen, stellenweise war es mir aber doch fast zu philosophisch.
Cay Rademacher: Die Passage nach Maskat
Geschrieben von Ralph Troppmann am Montag, 29. Mai 2023 in Literatur
Cay Rademacher: Die Passage nach Maskat. Dumont, Köln 2022. ISBN: 978-3-8321-8197-0, 366 Seiten
Der Kriminalroman, angesiedelt in der Zeit der goldenen Zwanziger Jahre (des letzten Jahrhunderts) vermag recht passabel, diese Zeit wieder aufleben zu lassen. Ganz im Stile klassischer Kriminalromane führt der Autor den Leser erst einmal in die Umgebung und Handlung ein, hier die Reise eines Ehepaares auf einem Dampfer von Frankreich nach Maskat. Die beiden begleiten den Schwiegervater unseres Helden Theodor Jung, einen Gewürzhändler, auf einer Geschäftsreise. Neben weiteren Verwandten treten auch weitere Personen die Reise an, ein bekannter Krimineller, ein Hochstapler/Dieb, eine bekannte Society-Dame und einige andere. Nachdem man sich gut zurechtgefunden hat und die Reise über das Mittelmeer begonnen hat, passiert etwas, was unseren Helden beinahe zum Verzweifeln bringt: seine Frau verschwindet. Und zwar nicht einfach so, es ist, als wäre sie nie an Bord gewesen. Keine Spur bleibt, keiner weiß etwas.
Zunächst zweifelt Theodor, der seit seiner Zeit bei der Kriegsmarine auf einem U-Boot im Krieg ein eher gespaltenes Verhältnis zu Schiffen (zumindest im Dunklen unter Deck) hat, an seinem Verstand. Doch nach und nach tauchen Hinweise auf, dass seine Frau doch an Bord war und hier etwas größeres im Hintergrund abläuft.
Die Handlung finde ich schön und mitreißend beschrieben, besonders gefällt mir die Schilderung des Lebens in den 1920ern. Gerade bei den Darstellungen der Landgänge im Orient kommt bei mir ein gewisses Fernweh auf, wie ich es von älteren Abenteuer- und Reiseromanen kenne. Auch, dass tatsächlich existierende Personen und Orte eingebunden wurden, gestaltet die Geschichte sehr farbig.
Die eigentliche Kriminalgeschichte ist spannend und bis kurz vor dem Schluß habe ich auch immer wieder gerätselt, wer denn welche Rolle in diesem Fall spielt. Am Ende war ich dann doch überrascht, wie sich die Zusammenhänge entfalten.
Alles gut gemacht, mit hat es sehr gefallen!
Edward Ashton: Mickey7. Der letzte Klon
Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 18. Mai 2023 in Literatur
Edward Ashton: Mickey7. Der letzte Klon. Heyne, München 2022. ISBN: 978-3-453-32172-4, 366 Seiten
Selten habe ich in letzter Zeit ein Buch so schnell verschlungen, das mag aber auch an dem vergleichsweise geringen Umfang und der großen Schriftgröße liegen. Die Story fand ich natürlich auch sehr flüssig und spannend zu lesen.
Es geht um Mickey7, Nacholger von Mickey6 und Vorgänger von Mickey8 - allesamt Klone von Mickey Barnes, der eine ungewöhnliche Aufgabe hat: er ist ein Expendable, also jemand, der für die eher unangenehmen oder gefährlichen Aufgaben eines Raumschiffs oder einer Kolonie herangezogen wird. Also Reparaturen an der Außenhülle während des Fluges, Arbeiten am oder im Reaktor, Gefahren in fremden Umgebungen finden und so weiter. Der Deal ist, dass, sollte der Expendable bei so einer Operation den Tod finden, er vom Biodrucker einfach aus dem letzten Backup wiederhergestellt wird. Aus Mickey1 wird dann einfach Mickey2 und das geht immer so weiter. Aus guten Gründen darf es immer nur eine Version einer Person geben, da gab es mal einen unerfreulichen Zwischenfall...
Nun, Mickey7 versucht herauszufinden, was es mit potenziell feindlichen Lebensformen auf einem frisch von Kolonisten besiedelten Planeten auf sich hat. Dabei kommt es zu einem Unfall, der den Tod von Mickey7 verursacht - so sieht es zumindest für seine beiden Partner auf dieser Mission aus. Doch er überlebt nur leicht verletzt und als er es zurück zur Basis schafft, trifft er auf den zwischenzeitlich hergestellten Klon Mickey8 - Verwirrung garantiert.
Doch nicht nur die Existenz zweier Klone ein und derselben Person ist problematisch, auch die Lebensformen des Planeten erweisen sich als weniger unkompliziert als gedacht.
Das Buch las sich für mich wie bereits angedeutet sehr flüssig, die Geschichte fand ich ungewöhnlich, interessant und spannend. So erfährt man erst nach und nach über den Hintergrund von Mickey und seinen wenig geachteten Beruf eines Historikers. Doch man lernt manchmal einiges aus der Geschichte.
Leider ist diese Geschichte etwas kurz, vielleicht gibt es irgendwann eine Fortsetzung? Der Buchrücken deutet zumindest an, dass eine Verfilmung in Arbeit sei.
Mir hat das Buch jedenfalls gefallen.
Ed McDonald: Der Sturz des Raben
Geschrieben von Ralph Troppmann am Montag, 1. Mai 2023 in Literatur
Ed McDonald: Der Sturz des Raben. Blanvalet, München 2021. ISBN: 978-3-7341-6148-3, 541 Seiten
Der dritte und letzte Teil der Schwarzschwingen-Trilogie - ich war neugierig. Den ersten Teil fand ich sehr gut, den zweiten weniger. Der dritte Teil hat mich nun wieder mit der Trilogie versöhnt, hat mir gut gefallen.
Ryhalt Galharrow, Hauptmann der Schwarzschwingen, lebt bewusst zurückgezogen im Elend, einer feindlichen Umgebung, die er mit offenen Armen empfängt - und umgekehrt. So könnte es bleiben, doch die Namenlosen, Götter dieser Welt, sind bedroht, die Welt ist in Gefahr.
So weit, so normal in dieser Trilogie, Ryhalt macht sich auf den Weg, um alte und neue Gefährten für diese Mission zu gewinnen. Dabei wird er selbst verfolgt und muss sich mit anderen Personen arrangieren, die er eigentlich lieber töten würde - und umgekehrt.
Die Geschichte ist vom Stil her an die Hardboiled-Romane angelehnt, ein einsamer Held, der im Selbstmitleid schwelgt, Hilfe ablehnt und der vergangenen Liebe zu einer Frau hinterhertrauert. Das klingt schnulzig, ich finde es an dieser Stelle gar nicht mal so schlecht umgesetzt - es passt gut zu Ryhalt.
Die weitere Geschichte hat wieder einige unerwartete Wendungen. In sich finde ich es ziemlich stimmig und gut zu lesen. Als Abschluss der Trilogie ein würdiger Roman, lesen sollte man alle drei Teile.
Alastair Reynolds: Inhibitor Phase
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 16. April 2023 in Literatur
Alastair Reynolds: Inhibitor Phase. Gollancz, London 2021. ISBN: 978-0-575-09073-6, 465 pages
Ah, mein Lieblingsautor mit einer weiteren Geschichte aus dem Revelation Space. Hier trifft man auf vertraute Orte wie den Glitter Belt und Chasm City, aber auch Personen wie John the Revelator und die alten Feinde, die Inhibitoren bzw. Wölfe. Aus dem Grund sollte man die entsprechenden Romane in einer gewissen Reihenfolge gelesen haben, zur Chronologie gibt das Vorwort bzw. entsprechende Webseiten Auskunft.
Die Geschichte beginnt mit Miguel de Ruyter, der als Administrator einer versteckten Siedlung um deren Überleben kämpft. Es gibt einen Zwiespalt: lebensfreundliche Planeten und Systeme rufen die Inhibitoren auf den Plan und es droht die Vernichtung. Umgekehrt sind lebensfeindliche Systeme sicherer, aber erschweren auch den Fortbestand der Zivilisation. Das Streben nach Unauffälligkeit geht so weit, dass Miguel sogar versucht, ein fremdes Schiff, das im System vorbeikommt, zu vernichten bevor es möglicherweise zu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Der Versuch schlägt fehl, da das fremde Schiff von selbst explodiert. Eine Person kann gerettet werden, doch was nach Zufall aussieht, erweist sich bald als geplante Aktion. Die gerettete Frau Glass will Miguel nämlich mit auf eine Mission nehmen, die mit der verdrängten Vergangenheit von Miguel zu tun hat und nichts weniger als das Überleben (nicht nur) der Menschheit zum Ziel hat.
Zwischendrin gibt es immer wieder Rückblicke auf einen weiteren Handlungsstrang, dessen Zusammenhang erst später klar wird. Wir treffen auch auf alte Bekannte aus früheren Büchern.
Die Story ist wieder spannend und nachvollziehbar, ich habe mich gefreut, wieder einmal eine Geschichte von Reynolds lesen zu können.
Bill Bryson: Picknick mit Bären
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 16. April 2023 in Literatur
Bill Bryson: Picknick mit Bären. Goldmann, München 1999. ISBN: 978-3-442-44395-6, 339 Seiten
Ein schon etwas älteres Buch, das dennoch weiterhin sehr unterhaltsam und lesenswert ist. Bei der Suche nach Literatur über speziell amerikanische Fernwanderwege ist es mittlerweile ein Klassiker, auf deutsch liegt mittlerweile die 29. Auflage vor.
Es geht um den Autor Bill, gebürtiger Amerikaner, der lange Jahre auch im Ausland gelebt hat. Er entdeckt (mehr oder weniger) hinter seinem Haus einen Wanderweg im Wald, der Teil des berühmten Appalachian Trails ist, jenes weltbekannten Fernwanderwegs, der im Osten der Vereinigten Staaten über 3000 Kilometer von Georgia nach Maine und damit etwa 14 Bundesstaaten führt. Er beschließt, auf diesem Weg zu wandern. Sein früherer Kumpel Katz entschließt sich mitzugehen, auch wenn er dafür nicht in der besten Verfassung ist.
Die Schilderung der Vorbereitungen und der eigentlichen Wanderung fand ich sehr persönlich und amüsant, da möchte ich gar nicht so viel vorwegnehmen. Man erkennt schnell, dass Bill Bryson zwar US-Amerikaner ist, aber lange Zeit außerhalb der USA gelebt hat. Dadurch hat er eine gewisse Außensicht, durch die er viele Eigenheiten des Alltagslebens erkennt und pointiert darstellt.
Die beiden Freunde wandern auf jeden Fall einen Teil des Wanderwegs und und kehren am Ende gesund und munter zurück. Eine Begegnung mit Bären gab es (vermutlich?) nicht, anders als der Titel vermuten lässt. Das sehe ich aber nicht als Etikettenschwindel, Bären spielen nämlich trotzdem eine nicht unbedeutende Rolle im Buch.
Das Buch liest sich sehr flüssig, es wurde mir nicht langweilig und der Stil des Autors gefällt mir.
Adrian Tchaikovski: Die Erben der Zeit
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 26. Februar 2023 in Literatur
Adrian Tchaikovski: Die Erben der Zeit. Heyne, München 2020. ISBN: 978-3-453-32036-9, 669 Seiten
Nachdem mir der Vorgänger sehr gut gefallen hat und dessen Ende hohe Erwartungen an den folgenden Roman geweckt haben, musste ich diesen natürlich auch lesen.
Die Geschichte beginnt auch hier, als Fortführung des Vorgängerromans, mit einem Terraformingprojekt auf einem fremden Planeten. Eine kleine Crew soll einen Planeten vorbereiten, damit spätere Schiffe mit Kolonisten eine neue Heimat finden. Doch auch hier klappt nicht alles wie gewünscht, der Planet ist irgendwie schon belebt. Nun, es gibt noch einen Nachbarplaneten, aber im Verlauf kommt es zu einer Katastrophe.
Schließlich, ich möchte nicht zu viel verraten, entwickelt sich auch hier eine unerwartete Spezies zu höherer Intelligenz. Jedoch befand sich hier eine noch viel ältere Lebensform, die eine enorme Bedrohung darstellt. Das Schicksal der Handlung entscheidet sich daran, ob es den unterschiedlichen Spezies gelingen wird, miteinander auskommen zu können, was aufgrund der großen Unterschiede beinahe unmöglich erscheint.
Gegenüber dem ersten Roman finde ich persönlich, dass dieser der schwächere von beiden ist. Am Anfang fiel es mir schwer, mich in die Geschichte einzufinden, da sie keine lineare Fortsetzung darstellt. Im Mittelteil fand ich es stellenweise etwas durcheinander, erst das Ende mit der Zusammenführung der Handlungsstränge und dem Aufzeigen noch fantastischerer Möglichkeiten versöhnte mich wieder etwas. Insgesamt hadere ich noch mit mir, ob ich es weiterempfehlen soll, vielleicht entscheide ich das nach dem dritten Teil, sollte es einen geben.
Adrian Tchaikovski: Die Kinder der Zeit
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 26. Februar 2023 in Literatur
Adrian Tchaikovski: Die Kinder der Zeit. Heyne, München 2018. ISBN: 978-3-453-31898-4, 670 Seiten
Dieses Buch hat mir beim Lesen viel Freude bereitet, kommt doch vieles unerwartet und der Autor verarbeitet interessante Gedankenspiele.
Worum geht es?
Nun, beinahe klassische Science Fiction - ein Raumschiff von der Erde trifft bei einem fernen Planeten ein, um mit den im Kälteschlaf befindlichen Passagieren eine Kolonie zu gründen. Doch der Planet wird von einer Sonde verteidigt, die hier schon länger die Entwicklung auf dem Planeten überwacht. Hier wurden nämlich Lebewesen ausgesetzt, die durch ein Virus eine beschleunigte Entwicklung durchlaufen sollten.
Leider ging bei der damaligen Besiedelung einiges schief, das Virus gelangte aber dennoch auf den Planeten und traf dort auf andere Lebewesen, die so gar nicht zum ursprünglichen Plan passen. Doch die Entwicklung setzt ein und der Autor beschreibt sehr schön, wie auch andere, nichtmenschliche Wesen sich hoch entwickeln und eine Zivilisation aufbauen können, ja sogar zu Raumfahrern werden.
Mir gefällt dieses Buch, da hier ein sehr ungewöhnliches Experiment gewagt wurde und das sehr spannend erzählt wurde. Menschen-gesellschaftliche Themen kommen auch bei den anderen Wesen nicht zu kurz, was durch diesen "Blick von außen" eine tolle Wirkung hat.
Von mir eine Empfehlung!
Robert Charles Wilson: SPIN - Die Trilogie
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 25. Dezember 2022 in Literatur
Robert Charles Wilson: SPIN - Die Trilogie. Heyne, München 2016. ISBN: 978-3-453-31719-2, 1120 Seiten
Die drei Teile heißen Spin, Axis und Vortex und wurden bereits 2005 von Wilson veröffentlicht. Im ersten Buch geht es um ein Geschwisterpaar und deren gemeinsamen Freund, die eines Nachts dem Ereignis beiwohnen, dass die Sterne plötzlich verschwinden. Natürlich verschwinden sie nicht wirklich, vielmehr umschließt die Erde numehr eine Hülle, die keine Strahlung vom All merh passieren lässt. Nachdem sich die damit einhergehende Unruhe etwas gelegt hat, findet die Menschheit einiges über die Hüller heraus. Man beschließt, einige Eigenschaften zu nutzen und den Mars zu terraformen. Als das erste Erfolge zu zeigen scheint, wird auch der Mars von einer Hülle umschlossen. Dennoch kommt es zu einem Austausch, der die weitere Geschichte der Menschheit verändert.
Im zweiten Buch wird die Geschichte locker fortgeführt, die Handlung spielt einige Jahre später. Das dritte Buch geht noch viel weiter in der Zeit, die Handlung basiert jedoch thematisch auch auf den Ereignissen des ersten Buchs.
Den ersten Teil fand ich sehr gut zu lesen und spannend, die Beziehung zwischen den drei Hauppersonen hat sich aus meiner Sicht gut entwickelt. Die kosmischen Veränderungen fand ich sehr interessant, auch die gesellschaftlichen Auswirkungen.
Der zweite Teil setzt das einigermaßen fort, doch war für mich da die Luft schon etwas heraus. Der dritte Teil holt aus meiner Sicht zu weit aus, den sehe ich als mit Abstand schwächsten Teil der Trilogie.
Für SciFi-Fans durchaus lesenswert.
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