Die Reinsten
Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 23. Juni 2019 in Literatur
Die Reinsten, Thore D. Hansen. Golkonda, München: 2019. ISBN 978-3-946503-90-3, Roman, 424 Seiten
Eve Legrand ist eine Reinste und gehört damit zu einer elitären Gruppe an Menschen. Dazu erwählt wurde sie von Askit, einer künstlichen Intelligenz, die die Geschicke der Menschheit überwacht und steuert. Diese hat es nämlich nicht leicht im Jahre 2191: nach verheerenden Katastrophen ist die Erde verwüstet, der stark fortgeschrittene Treibhauseffekt erlaubt das Überleben nur an wenigen Orten und unter großem Aufwand. Eve stehen schwere Prüfungen bevor, die über ihre Aufnahme in führende Kreise entscheiden. Doch es kommt anders, der vorgezeichnete Weg wandelt sich in etwas viel Größeres...
Ein sehr guter Ansatz, wie ich finde, gerade aktuelle Themen in einem Roman zu verarbeiten. Es geht um Umweltzerstörung, Klimawandel und dessen Folgen. Aber auch um Moral, den Umgang von Eliten mit allen anderen und die Auswirkungen künstlicher Intelligenz. Im Verlauf gewinnen auch Machtstreben, die Wirkung von sozialen Netzen und Visionen wie Raumfahrt oder ewiges Leben eine Bedeutung. Durch die Namen wichtiger, zunächst im Hintergrund wirkender Protagonisten (Elon, Sergei) mag man sich an visionsgetriebene Gründer von realen Techunternehmen erinnert fühlen; ich kann nicht sagen, ob das beabsichtigt ist?
Das Setting ist durchaus realistisch, in Klappentext und Nachwort wird von wissenschaftlichen Hintergründen und Extrapolation gesprochen. Mit der Hauptperson Eve konnte ich mitfühlen. Insgesamt fand ich den Handlungsstrang jedoch nicht perfekt (gegen Ende verwirrten mich die verschiedene Aspekte, ist vielleicht bewusst so geschrieben?), aber dennoch gut lesbar. Leider trüben einige Fehler das Bild (Schreibfehler, an einer Stelle fehlt mindestens ein Absatz), was ich bei einer Übersetzung darauf zurückgeführt hätte - der Autor hat das Werk aber auf deutsch verfasst, somit wohl eher schlampiges Lektorat.
Insgesamt bin ich hin- und hergerissen. Das Thema einer dystopischen Zukunft durch Kriege, Seuchen, Umweltzerstörung und Klimawandel und der Lösungsansatz durch eine nahezu allmächtige KI ist reizvoll und mitreissend. Die Umsetzung hätte für mich noch Potenzial nach oben gehabt, einige Aspekte wie etwa die Beziehung von Eve zu Thyron und Ronan hätten, wenn schon, dann etwas mehr Raum verdient. Stellenweise kam mir der Textfluss fast etwas holprig vor.
Somit Empfehlung für die, die der Themenkomplex anspricht - vielleicht aber auch warten, bis der Roman etwas günstiger als Taschenbuch herauskommt.