George R. Stewart: Leben ohne Ende

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 28. Juli 2024 in Literatur

George R. Stewart: Leben ohne Ende. Heyne, München 2016 (1949). ISBN: 978-3-453-31436-8, 527 Seiten

Eine schöne Neuauflage eines Romans von 1949, einer Zeit, in der die Sorgen vermeintlich noch andere waren, die geschilderten Themen erweisen sich dann aber doch als zeitlos. 
Die Handlung dreht sich darum, dass eine Seuche die Menschheit dahinrafft - bis auf sehr wenige Ausnahmen. Einer davon ist unser Held Ish, der zufällig zu dieser Zeit einsam in einer Hütte in den Bergen weilt und von einer Schlange gebissen wird. Er überlebt sowohl den Schlangenbiss als auch das Virus und merkt erst bei der Rückkehr in die Zivilisation, dass hier etwas nicht stimmt - die Menschen sind verschwunden. Nach und nach erkennt er das Ausmaß der Katastrophe und macht sich auf die Suche nach weiteren Überlebenden. Dabei durchquert er die USA und beschreibt eindrücklich und nachvollziehbar, wie sich die  Welt ohne den Menschen entwickelt. Elektrizität gibt es noch eine bestimmte Zeit, fließendes Wasser noch viel länger. Auch die sonstige Infrastruktur steht weiter zur Verfügung, doch werden zum Beispiel Straßen durch umgestürzte Bäume oder Häuser teilweise unpassierbar.

Nach einiger Zeit entschließt er, sich mit weiteren Überlebenden zusammenzutun und einen "Stamm" zu gründen. Das Leben funktioniert überraschend einfach weiter, Lebensmittel und sonstige Dinge des täglichen Bedarfs sind für viele Jahre im Überfluss vorhanden, man muß nur die entsprechenden Geschäfte aufsuchen. Unterbewusst treibt es Ish jedoch um, er ahnt, dass das kulturelle Niveau der verbliebenen Menschheit schnell wieder auf das in der Steinzeit zurückfallen wird, wenn man nichts tut. Daher beginnt er, die mittlerweile zahlreichen Kinder zu unterrichten und sich Gedanken zu machen, wie eine neue Gesellschaft aussehen müsste. Denn die Natur hat ihr Eigenleben, Erdbeben, Ungezieferplagen oder Brände gefährden immer wieder das Überleben.

Das Buch hat mir sehr gefallen, es beschreibt in einem der damaligen Zeit entsprechenden, unaufgeregten und pragmatischen Stil, wie sich die Dinge ohne den Menschen entwickeln, was noch funktioniert und was relativ schnell nicht mehr. Auch die immer wieder aufgegriffene Suche nach den Möglichkeiten, das hohe zivilisatorische Niveau zu halten und gleichzeitig die Vergeblichkeit dessen, wenn es nur ein einzelner aktiv vorantreibt, regt zum Nachdenken darüber an. Sehr gelungen finde ich den Anhang, in dem genau solche Katastrophen und der Vergangenheit und weitere theoretische Szenarien geschildert werden, Asteroideneinschläge, Seuchen wie die Spanische Grippe oder Atomschläge, jeweils mit Auswirkungen und geschätzten Verlusten an Menschenleben. Die nächste Katastrophe kommt bestimmt, so das Resümee, die Liste endet 2015 mit Ebola, von Corona hatte man zum Erscheinungsdatum der Neuauflage 2016 noch keine Vorahnung...

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Harald Jähner: Höhenrausch. Das kurze Leben zwischen den Kriegen

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 28. Juli 2024 in Literatur

Harald Jähner: Höhenrausch. Das kurze Leben zwischen den Kriegen. Rohwolt, Berlin 2022. ISBN: 978-3-499-00880-1, 555 Seiten

Die 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren in vielerlei Hinsicht legendär, was für mich in den aktuellen 20er-Jahren ein Grund war, einen Blick darauf zu werfen. Vielleich kann man ja etwas lernen?

Der Autor bietet in seinem Werk einen sehr vielschichtigen Einblick in viele Bereiche des damaligen Lebens. Eingeleitet wird durch eine Darstellung der letzten Tage des ersten Weltkriegs, was durchaus ein wichtiger Aspekt für die weitere Entwicklung ist. Über die Hyper-Inflation geht es zu neuen Denkweisen, allen voran einigen Facetten des Bauhaus-Stils, aber auch der Emazipation der Frauen. Das Leben der Arbeiter und Angestellten wird beleuchtet, sowohl in beruflicher, wie auch in privater Hinsicht - man tanzt in dieser Zeit zu Charleston und Shimmy ab. Mit Leni Riefenstahl erfährt man von sich wandelndem Körperverständnis, irgendwann kommt es zum großen Börsencrash. Und parallel zu all dem geschehen Dinge in der Politok, die scheinbar unvermeidlich auf den nächsten großen Krieg zulaufen.

Hier habe ich nur einige der Kapitel angeschnitten, das Buch erstreckt sich wirklich über eine große Breite, der Schwerpunkt liegt jedoch ganz klar auf Deutschland. Ich fand es sehr infromativ und unterhaltsam, eine Reihe an gut gewählten Bildern unterstützt das Eintauchen in diese spannende Epoche. Besonders über das kulturelle Leben erfährt man viel und die für uns heute erschreckende Entwicklung hin zum Dritten Reich konnte ich gut nachvollziehen.

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Martha Wells: Übertragungsfehler

Geschrieben von Ralph Troppmann am Freitag, 26. Juli 2024 in Literatur

Martha Wells: Übertragungsfehler. Heyne, München 2024. ISBN: 978-3-453-32307-0, 190 Seiten

Super, ein weiterer Killerbot-Roman! Erfreut griff ich in meinem Lieblingsbuchladen zu, doch hier schon die erste Enttäuschung: der ist aber dünn...

Naja, ich konnte dann doch nicht widerstehen, die beiden Vorgänger-Romane gefielen mir sehr gut, die Geschichte um den freidrehenden Killerbot fand ich sehr erfrischend, die hatten aber auch in der Größenordnung um 500 Seiten. In diesem dritten Teil geht es um einen vermeintlichen Mordfall, in dem unser Killerbot zunächst eher beiläufig beginnt zu ermitteln. Auf der Station, auf der das passiert, ist er zunächst ziemlich eingeschränkt, darf keine anderen Systeme hacken und muss sich mit der lokalen Security arrangieren. Während der Ermittlungen kommt es zu einigen witzigen Interaktionen mit anderen maschinellen Wesen und auch die Gedanken des Bots sind erfrischend. Es kommt zu überraschenden Wendungen und am Ende wird der Fall natürlich aufgeklärt.

Insgesamt habe ich jedoch eine durchwachsene Meinung zum Buch. Die Geschichte ist sehr kurz, wäre eher für einen Sammelband mit Kurzgeschichten geeignet. Auch die Story ist zwar wieder neuartig, aber bedient sich doch auch einiger bekannter Schemen aus diversen Kriminalgeschichten. Von daher würde ich nur 3 von 5 Sternen vergeben und hoffe auf den nächsten Band (der aber auch nur 320 Seiten umfassen soll).

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