Marc Elsberg: Zero

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 20. Oktober 2024 in Literatur

Marc Elsberg: Zero. Blanvalet, München 2014. ISBN: 978-3-7341-0093-2, 495 Seiten

Sie wissen, was du tust - so lautet der Untertitel, und das gibt schon einen guten Einblick. Die Handlung spielt in naher Zukunft, die meisten Menschen nutzen die Plattform Freemee, die über die Möglichkeiten derzeitiger Social Media Plattformen hinausgeht. Die Analysen von Freemee erlauben nämlich nicht nur, viel mehr über seine Mitmenschen herauszufinden oder sich selbst zu optimieren, zum Beispiel in sportlicher oder schulischer Hinsicht, sondern dient auch im Hintergrund dazu, etwa Wahlergebnisse vorherzusehen oder sogar zu beeinflussen. Durch verbreitete Datenbrillen ist das System fast allgegenwärtig und weckt natürlich bei verschiedenen Akteuren Begehrlichkeiten.
Gleichzeitig gibt es eine Partei, die sich Zero nennt und die vor den Gefahren dieser Systeme warnt. Hier findet man Bezüge zu derzeit bekannten Whistleblowern. 

Nun kommt es zu gewissen Unregelmäßigkeiten, die zunächst nicht auffallen. Doch hartnäckige Recherchen weisen auf eine erhöhte Todesrate bestimmter Zielgruppen hin, eine Erkenntnis, die die Journalisting Cynthia in ein rasantes Spiel der Mächte und große Gefahr bringt. Durch die allgegenwärtige Überwachung wird es schwer, dem zu entkommen.

Das Buch fand ich spannend, viele der technischen und analytischen Möglichkeiten erscheinen nicht sehr weit hergeholt. Die Berichterstattung um enthüllte Massenüberwachungssysteme wird hier als Basis genommen und mit abzusehender technischer Weiterentwicklung verknüpft, um ein nahes Zukunftsbild im Stile Orwells 1984 zu entwickeln. Da beruhigt es zumindest teilweise, dass es auch weiter Elemente geben wird, die vor den Gefahren dieser Systeme warnen und sogar aktiv dagegen vorgehen, indem sie zum Beispiel solche Machenschaften aufdecken.

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Dmitry Glukhovsky: Outpost. Der Aufbruch

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 20. Oktober 2024 in Literatur

Dmitry Glukhovsky: Outpost. Der Aufbruch. Heyne, München 2023. ISBN: 978-3-453-32187-8, 448 Seiten

Der Roman ist die Fortsetzung des Titels Outpost Der Posten, in der Außenposten Jaroslawl des Moskauer Zarenreichs von teuflisch veränderten Menschen aus dem Osten überrannt wurde. Der zweite Teil beginnt zum einen mit einer Gruppe Menschen, die den Horror von Jaroslawl entkommen sind und sich in Richtung Moskau aufmachen, um die Bevölkerung dort zu warnen. Gleichzeitig wird eine Gruppe Kosaken vom Zaren ausgesandt, um die Situation vor Ort zu prüfen, der Außenposten meldet sich nicht mehr.

Die Kosaken treffen auf die Überreste des Grauens, ein Teufelsgebet infiziert die Menschen, die dann zu einer blutrünstigen Meute werden. Einzige Rettung ist, sich die Trommelfelle zu durchstechen, damit man das Teufelsgebet nicht hören kann. Dies einzudämmen gelingt jedoch nicht und eine Welle Infizierter stürmt auf Moskau zu. Dort laufen gerade die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten, mit denen dem Sieg über diese Seuche gedacht werden soll. Die Warnungen der Überlebenden werden daher zunächst als Verrat gewertet.

Das Buch fand ich durchaus wieder mitreissend geschrieben, spannend vor allem auch durch den Wechsel zwischen dem harten Überleben beim Außenposten und dem zwar dystopischen, aber auch dekadenten Leben im Zentrum der Macht, in dem sich die Elite beim Ballett unterhält, aber auch das Volk sich nur in bestimmten Bereichen bewegen darf. Diese Mischung aus zerfallenem Sowjetreich, Verklärung der Vergangenheit und wiedererwachtem Zarentum sowie den Ereignissen um das Teufelsgebet finde ich sehr spannend.

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Cory Doctorow: red team blues

Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 19. Oktober 2024 in Literatur

Cory Doctorow: red team blues. Heyne, München 2024. ISBN: 978-3-453-32314-8, 334 Seiten

Dieser Roman bezeichnet sich als "cyberthriller", was für mich nach mehr cyber klingt, als es vielleicht ist. Der Roman spielt mehr oder weniger in der Gegenwart, der Titel spielt auf das rote Team der Angreifer und das blaue der Verteidiger im Rahmen von Cybersicherheit an. Marty, unser Held, ist schon seit Anbeginn des Silicon Valleys im Geschäft und löst Probleme für seine Kunden, es geht meist um viel Geld und dessen Verfolgung durch verschachtelte Konstruktionen und digitale Währungen. Eigentlich könnte Marty in den Ruhestand gehen, er ist 67, doch ein alter Freund bittet ihn um Hilfe. Marty soll geraubte Kryptoschlüssel wiederbeschaffen. Das gelingt ihm auch, die enorme Belohnung spricht nun wirklich für den Ruhestand. Wären da nicht die Gruppierungen im Hintergrund, die durch den Raub und die Wiederbeschaffung auf Marty aufmerksam wurden. Jetzt muss er sich selbst wehren und spielt ungewollt im blauen Team.

Das Setting ist durchaus mal etwas Neues, man stößt auf viele bekannte Namen, Orte und Unternehmen aus dem Silicon Valley. Der Protagonist kann das wirklich alles miterlebt haben, insgesamt hätte ich jedoch noch mehr technische Aspekte erwartet, damit das Buch dem Prädikat Cyberthriller gerecht würde. Aber so pendelt die Geschichte um einen älteren Ermittler mit kaum vorhandenen Beziehungen, einem Hang zu Alkoholika, wenig geregeltem Leben in einem ausrangierten Tourbus und vielen Bezügen zu alten Zeiten. Die gelegentlichen, dann auch körperlichen, Beziehungen zu Frauen, die Flucht von ominösen Regierungsbehörden und eine allgemeine Paranoia bilden damit einen recht runden Roman, wie ich finde. Der Protagonist kommt recht sympathisch herüber, die Verfolger empfand ich als zu abstrakt im Hintergrund. Ein gutes Buch für Freunde der Thematik.

 

 

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Thomas D. Lee: Die alte Garde

Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 28. September 2024 in Literatur

Thomas D. Lee: Die alte Garde. Heyne, München 2024. ISBN: 978-3-453-32229-5, 620 Seiten

Hier haben wir mal ein durchaus interessantes und von mir auch so noch nicht gelesenes Setting, das eine - wie ich meine - gelungene Mischung aus Historienroman und Fantasy, Agenten- und Ökothriller darstellt.

Die Geschichte dreht sich um Mariam, eine junge Frau, die in nicht allzu ferner Zukunft mit durchaus rabiaten Methoden versucht, den Planeten noch zu retten. Das Klima hat sich bereits stark gewandelt, sie kämpft mit einer Gruppe gleichgesinnter Frauen gegen Ölkonzerne, um ein weiteres Ansteigen des CO2-Niveaus zu verhindern. Die Lage im Schauplatz Großbritannien wird bedrückend geschildert, Verschmutzung und Flüchtlingslager allerorten.

Zu dieser Zeit beginnen auch zwei Ritter aus der Zeit König Arthurs aus der Erde aufzusteigen. Sie ruhen in Ihren Hügeln, bis dem Land Gefahr droht, worauf sie ihm wie bei vergangenen Kriegen beistehen. Doch jetzt ist es anders, es gibt zunächst keine klaren feindlichen Armeen.

Einer der Ritter tut sich mit Mariam zusammen und steht ihr zum Beispiel beim Angriff eines Drachen bei, der ebenfalls in die Welt gekommen ist. Später greifen auch Naturgeister und -götter mit ein, es entwickelt sich ein rasantes Spiel um die Macht, wobei lange nicht klar ist, ob die Erde noch eine Chance haben wird.

Die Geschichte hat mir gut gefallen, es sind viele Elemente geschickt und stimmig miteinander verwoben. Die Spannung bleibt über das ganze Buch erhalten, es kommen stets neue Figuren dazu und der Verlauf entscheidet sich erst ganz am Ende. Die Hauptfiguren sind schön gezeichnet, die aus historischen Romanen bekannten Helden werden als sehr menschlich dargestellt. Für die Großkonzerne und deren Bosse wird aber dagegen das klassische Klischee von Machtgier und Rücksichtslosigkeit gezogen. In diesem Buch ist es Heyne aus meiner Sicht übrigens viel besser gelungen, diverse Aspekte einzuflechten, bei einigen anderen Büchern kam mir das teilweise recht gekünstelt vor. Über die diversen Anreden (z.B. sier) stolpere ich beim Lesen allerdings immer noch.

 

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Rob Boffard: Verschollen

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 25. August 2024 in Literatur

Rob Boffard: Verschollen. Heyne, München 2019. ISBN: 978-3-453-32007-9, 559 Seiten

Hannah ist sich noch nicht ganz sicher, was sie nach ihrer Ausbildung machen möchte. Also heuert sie als Fremdenführerin auf der Sigma Station an, die einen schönen Blick auf den Pferdekopfnebel erlaubt. Reisen zu den Sternen sind durch Portale inzwischen Normalität, viele Touristen möchten sich hier erholen.
An ihrem ersten Arbeitstag macht sie erst einmal mehr oder weniger freundliche Bekanntschaft mir ihren neuen Kollegen, insgesamt ist sie nicht wirklich gut vorbereitet. Doch ein einfacher Ausflug mit einem Shuttle sollte nicht zu schwer sein, es sind nur ein paar Reisende an Bord.

Doch kaum gestartet, überschlagen sich die Ereignisse, die Raumstation wird von einem unbekannten Raumschiff angegriffen und zerstört. Nur duch ein waghalsiges Manöver gelingt es der Pilotin, das Shuttle zu verstecken und damit der Zerstörung zu entgehen. Nachdem die erste Gefahr erst einmal abgewendet ist, muss sich Hannah als Anführerin beweisen - was ihr zunächst einmal gar nicht so gelingen will. Einzig die Pilotin hat Erfahrung, die spricht aber lieber dem Alkohol zu und will mit den Passagieren nichts zu tun haben. Die Passagiere wiederum setzen sich aus ganz unterschiedlichen Charakteren zusammen, vom Jugendlichen bis zur alten Frau, einige der Passagiere wollen sich nichts sagen lassen und können auch untereinander nicht wirklich gut. Das Shuttle schließlich ist gerade einmal minimal ausgestattet, die Reisegesellschaft hat gespart, wo es nur geht.

Einige kleinere und größere Katastrophen später hat man einiges über die verschiedenen Personen erfahren und Hannah beginnt, ihre Rolle zu akzeptieren. Doch die Ergnisse entwickeln sich unerwartet, es tut sich eine riesige Verschwörung auf.

Der Roman war für mich flüssig zu lesen, die Entwicklung von Hannah fand ich nicht ganz so tiefgreifend beschrieben und am Ende wird irgendwie alles fast zu gut. Aber das tut dem ansonsten gut geschriebenen Buch wenig Abbruch, ich kann es weiterempfehlen.

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Ben McGrath: Riverman

Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 22. August 2024 in Literatur

Ben McGrath: Riverman. btb, München 2024. ISBN: 978-3-442-77379-4, 378 Seiten

Eine amerikanische Odyssee, so der Untertitel, beschreibt den Inhalt dieser Reportage oder dieses Berichts sehr gut.
Es dreht sich um Dick Conant, ein Amerikaner, der mit 43 Jahren beschließt, mit einem Kajak die Flusssysteme der USA zu befahren. Dabei lernt er viel über die Anforderungen und hilfreiche Verhaltensweisen, aber auch über sich selbst. Auf seinen Reisen begegnet er vielen Menschen, die aufgrund seiner Persönlichkeit oft noch lange an ihn denken oder sogar immer wieder in Briefkontakt stehen. Er selbst führt ausführlich Tagebuch und dokumentiert seine Reisen mit Fotos und Karten.

Doch wird das Buch wird begründet von dem Auffinden seines Kajaks und seiner persönlichen Besitztümer, die einen Journalisten auf den Plan rufen, der ihm einst begegnet ist. Dieser zeichnet in diesem Buch Teile seines Lebens und vor allem seiner Kajaktouren nach. Er reist teilweise den Routen nach und spricht mit vielen Menschen, die Dick getroffen haben und auch mit einigen seiner Angehörigen. Dabei erfährt man vieles über den Menschen, das Ende bleibt offen und man erfährt nicht, was aus Dick wirklich geworden ist. Lesenswert finde ich das Buch dennoch, man erfährt viel über weniger bekannte Gegenden der USA, über oftmals weniger begüterte Gruppen der Gesellschaft und den Umgang der Menschen untereinander.

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Ben McGrath: Riverman

Geschrieben von Ralph Troppmann am Donnerstag, 22. August 2024 in Literatur

Ben McGrath: Riverman. btb, München 2024. ISBN: 978-3-442-77379-4, 378 Seiten

Eine amerikanische Odyssee, so der Untertitel, beschreibt den Inhalt dieser Reportage oder dieses Berichts sehr gut.
Es dreht sich um Dick Conant, ein Amerikaner, der mit 43 Jahren beschließt, mit einem Kajak die Flusssysteme der USA zu befahren. Dabei lernt er viel über die Anforderungen und hilfreiche Verhaltensweisen, aber auch über sich selbst. Auf seinen Reisen begegnet er vielen Menschen, die aufgrund seiner Persönlichkeit oft noch lange an ihn denken oder sogar immer wieder in Briefkontakt stehen. Er selbst führt ausführlich Tagebuch und dokumentiert seine Reisen mit Fotos und Karten.

Doch wird das Buch wird begründet von dem Auffinden seines Kajaks und seiner persönlichen Besitztümer, die einen Journalisten auf den Plan rufen, der ihm einst begegnet ist. Dieser zeichnet in diesem Buch Teile seines Lebens und vor allem seiner Kajaktouren nach. Er reist teilweise den Routen nach und spricht mit vielen Menschen, die Dick getroffen haben und auch mit einigen seiner Angehörigen. Dabei erfährt man vieles über den Menschen, das Ende bleibt eher offen und man fiebert mit, was aus Dick wirklich geworden ist. Lesenswert finde ich das Buch dennoch, man erfährt viel über weniger bekannte Gegenden der USA, über oftmals weniger begüterte Gruppen der Gesellschaft und den Umgang der Menschen untereinander.

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Thomas Halliday: Urwelten

Geschrieben von Ralph Troppmann am Montag, 19. August 2024 in Literatur

Thomas Halliday: Urwelten. Hanser, München 2022. ISBN: 978-3-446-27268-2, 460 Seiten

Der Untertitel beschreibt das Ziel dieses Buchs: Eine Reise durch die ausgestorbenen Ökosysteme der Erdgeschichte. Dem folgt der Autor, indem er anhand exemplarischer Orte und Lebewesen dem Leser die verschiedenen Erdzeitalter näherbringt. Dieser Ansatz gefällt mir, denn mit den lebhaft und interessant beschriebenen Szenarien konnte ich mir die Ökosysteme gut bildlich vorstellen. Dass es sich hierbei oft um Vermutungen und immer nur kleine Ausschnitte handelt, muss man natürlich berücksichtigen, der Autor weist auch darauf hin. Aus diesem Grund finde ich das Buch gut geschrieben, ein gut 60-seitiges Register liefert Belege und ermöglicht Vertiefung. 

Nachteilig, weil beim Lesen und Nachvollziehen doch recht holprig, ist die Vorgehensweise, im Heute zu starten und sich rückwärts zu bewegen. Das hat mich verwirrt, vor allem finde ich die evolutionären Leistungen nach größeren Auslöschungen nicht gut gewürdigt. Vor allem weiß man schon, dass ein großer Teil der in den nachfolgenden Kapiteln beschriebenen Spezies und Ökosysteme die gerade beschriebene Katastrophe nicht überlebt haben werden. 

Für Interessierte dennoch ein gutes Buch, das allerdings bei den Spezies nicht zu sehr in die Tiefe geht und eher die Beziehungen untereinander im Blick hat. Darüber gibt es aber auch schon genug andere Literatur.

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George R. Stewart: Leben ohne Ende

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 28. Juli 2024 in Literatur

George R. Stewart: Leben ohne Ende. Heyne, München 2016 (1949). ISBN: 978-3-453-31436-8, 527 Seiten

Eine schöne Neuauflage eines Romans von 1949, einer Zeit, in der die Sorgen vermeintlich noch andere waren, die geschilderten Themen erweisen sich dann aber doch als zeitlos. 
Die Handlung dreht sich darum, dass eine Seuche die Menschheit dahinrafft - bis auf sehr wenige Ausnahmen. Einer davon ist unser Held Ish, der zufällig zu dieser Zeit einsam in einer Hütte in den Bergen weilt und von einer Schlange gebissen wird. Er überlebt sowohl den Schlangenbiss als auch das Virus und merkt erst bei der Rückkehr in die Zivilisation, dass hier etwas nicht stimmt - die Menschen sind verschwunden. Nach und nach erkennt er das Ausmaß der Katastrophe und macht sich auf die Suche nach weiteren Überlebenden. Dabei durchquert er die USA und beschreibt eindrücklich und nachvollziehbar, wie sich die  Welt ohne den Menschen entwickelt. Elektrizität gibt es noch eine bestimmte Zeit, fließendes Wasser noch viel länger. Auch die sonstige Infrastruktur steht weiter zur Verfügung, doch werden zum Beispiel Straßen durch umgestürzte Bäume oder Häuser teilweise unpassierbar.

Nach einiger Zeit entschließt er, sich mit weiteren Überlebenden zusammenzutun und einen "Stamm" zu gründen. Das Leben funktioniert überraschend einfach weiter, Lebensmittel und sonstige Dinge des täglichen Bedarfs sind für viele Jahre im Überfluss vorhanden, man muß nur die entsprechenden Geschäfte aufsuchen. Unterbewusst treibt es Ish jedoch um, er ahnt, dass das kulturelle Niveau der verbliebenen Menschheit schnell wieder auf das in der Steinzeit zurückfallen wird, wenn man nichts tut. Daher beginnt er, die mittlerweile zahlreichen Kinder zu unterrichten und sich Gedanken zu machen, wie eine neue Gesellschaft aussehen müsste. Denn die Natur hat ihr Eigenleben, Erdbeben, Ungezieferplagen oder Brände gefährden immer wieder das Überleben.

Das Buch hat mir sehr gefallen, es beschreibt in einem der damaligen Zeit entsprechenden, unaufgeregten und pragmatischen Stil, wie sich die Dinge ohne den Menschen entwickeln, was noch funktioniert und was relativ schnell nicht mehr. Auch die immer wieder aufgegriffene Suche nach den Möglichkeiten, das hohe zivilisatorische Niveau zu halten und gleichzeitig die Vergeblichkeit dessen, wenn es nur ein einzelner aktiv vorantreibt, regt zum Nachdenken darüber an. Sehr gelungen finde ich den Anhang, in dem genau solche Katastrophen und der Vergangenheit und weitere theoretische Szenarien geschildert werden, Asteroideneinschläge, Seuchen wie die Spanische Grippe oder Atomschläge, jeweils mit Auswirkungen und geschätzten Verlusten an Menschenleben. Die nächste Katastrophe kommt bestimmt, so das Resümee, die Liste endet 2015 mit Ebola, von Corona hatte man zum Erscheinungsdatum der Neuauflage 2016 noch keine Vorahnung...

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Harald Jähner: Höhenrausch. Das kurze Leben zwischen den Kriegen

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 28. Juli 2024 in Literatur

Harald Jähner: Höhenrausch. Das kurze Leben zwischen den Kriegen. Rohwolt, Berlin 2022. ISBN: 978-3-499-00880-1, 555 Seiten

Die 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren in vielerlei Hinsicht legendär, was für mich in den aktuellen 20er-Jahren ein Grund war, einen Blick darauf zu werfen. Vielleich kann man ja etwas lernen?

Der Autor bietet in seinem Werk einen sehr vielschichtigen Einblick in viele Bereiche des damaligen Lebens. Eingeleitet wird durch eine Darstellung der letzten Tage des ersten Weltkriegs, was durchaus ein wichtiger Aspekt für die weitere Entwicklung ist. Über die Hyper-Inflation geht es zu neuen Denkweisen, allen voran einigen Facetten des Bauhaus-Stils, aber auch der Emazipation der Frauen. Das Leben der Arbeiter und Angestellten wird beleuchtet, sowohl in beruflicher, wie auch in privater Hinsicht - man tanzt in dieser Zeit zu Charleston und Shimmy ab. Mit Leni Riefenstahl erfährt man von sich wandelndem Körperverständnis, irgendwann kommt es zum großen Börsencrash. Und parallel zu all dem geschehen Dinge in der Politok, die scheinbar unvermeidlich auf den nächsten großen Krieg zulaufen.

Hier habe ich nur einige der Kapitel angeschnitten, das Buch erstreckt sich wirklich über eine große Breite, der Schwerpunkt liegt jedoch ganz klar auf Deutschland. Ich fand es sehr infromativ und unterhaltsam, eine Reihe an gut gewählten Bildern unterstützt das Eintauchen in diese spannende Epoche. Besonders über das kulturelle Leben erfährt man viel und die für uns heute erschreckende Entwicklung hin zum Dritten Reich konnte ich gut nachvollziehen.

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Martha Wells: Übertragungsfehler

Geschrieben von Ralph Troppmann am Freitag, 26. Juli 2024 in Literatur

Martha Wells: Übertragungsfehler. Heyne, München 2024. ISBN: 978-3-453-32307-0, 190 Seiten

Super, ein weiterer Killerbot-Roman! Erfreut griff ich in meinem Lieblingsbuchladen zu, doch hier schon die erste Enttäuschung: der ist aber dünn...

Naja, ich konnte dann doch nicht widerstehen, die beiden Vorgänger-Romane gefielen mir sehr gut, die Geschichte um den freidrehenden Killerbot fand ich sehr erfrischend, die hatten aber auch in der Größenordnung um 500 Seiten. In diesem dritten Teil geht es um einen vermeintlichen Mordfall, in dem unser Killerbot zunächst eher beiläufig beginnt zu ermitteln. Auf der Station, auf der das passiert, ist er zunächst ziemlich eingeschränkt, darf keine anderen Systeme hacken und muss sich mit der lokalen Security arrangieren. Während der Ermittlungen kommt es zu einigen witzigen Interaktionen mit anderen maschinellen Wesen und auch die Gedanken des Bots sind erfrischend. Es kommt zu überraschenden Wendungen und am Ende wird der Fall natürlich aufgeklärt.

Insgesamt habe ich jedoch eine durchwachsene Meinung zum Buch. Die Geschichte ist sehr kurz, wäre eher für einen Sammelband mit Kurzgeschichten geeignet. Auch die Story ist zwar wieder neuartig, aber bedient sich doch auch einiger bekannter Schemen aus diversen Kriminalgeschichten. Von daher würde ich nur 3 von 5 Sternen vergeben und hoffe auf den nächsten Band (der aber auch nur 320 Seiten umfassen soll).

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Christian Endres: Wolfszone

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 2. Juni 2024 in Literatur

Christian Endres: Wolfszone. Heyne, München 2024. ISBN: 978-3-453-27471-6, 510 Seiten

Joe Denzinger ist Privatdetektiv und sein neuester Auftrag verschlägt ihn aus Berlin in ein Kaff in Brandenburg. Die Umstände sind außergewöhnlich, die Chefin eines großen Drohnenherstellers vermisst ihre Tochter, die sich dort in einem Protestcamp aufgehalten hat. Ein Wolfsrudel soll erhalten bleiben, das möglicherweise durch eine anstehende politische Entscheidung in seiner Existenz bedroht ist. So weit noch normal, doch: die Drohnen sind Kampfdrohnen, die Wölfe sind durch Nanobots und Elektronikschrott mutierte, riesige Cyborgs. Und Brandenburg ist durch den Klimawandel stark betroffen, noch dazu kontrolliert die Bundeswehr das Gebiet.

So muss Joe erst einmal mehr oder weniger erfolgreich Kontakte knüpfen und Spuren suchen. Eine Reihe weiterer Akteure eröffnet parallele Handlungsstränge, die wie üblich im hinteren Teil des Buches zusammenlaufen. Als schon fast alles aufgegeben ist, kommt es zu großen Showdown.

Zu viel von der Handlung möchte ich gar nicht verraten, es ist schon ein ziemliches Paket, das der Autor hier zwischen zwei Buchdeckel packt. Das klassische Hardboiled-Privatdetektiv-Szenario in einem Near-Future-Umfeld, mutierte Cyberkreaturen, Klimawandel-Dystopie, Beziehungsthemen und Rassismus, sogar Reichsbürger/Prepper-Ansätze und gar der Versuch, die Bundeswehr im Stile amerikanischer Spezialkommandos darzustellen - das Grundkonzept der mutierten Wölfe ist gut und gefällt mir, doch so richtige Thriller-Spannung wollte bei mir nicht aufkommen, da hätte es nach meinem Gefühl locker die doppelte Seitenzahl gebraucht, um Schlüsselszenen ausführlicher zu beschreiben und den doch recht schablonenhaften Personen mehr Leben einzuhauchen.

Trotzdem nicht schlecht, ich hoffe mehr vom Autor lesen zu können.

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Edward Ashton: Antimatter Blues

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 2. Juni 2024 in Literatur

Edward Ashton: Antimatter Blues. Heyne, München 2024. ISBN: 978-3-453-32294-3, 381 Seiten

Der nächste Roman aus der Reihe um den Expendable Mickey7, also unseres Helden, der nur zu einem einzigen Zweck auf dem Raumflug und nun in der Kolonie dabei ist: die extrem gefährlichen Arbeitne machen, und wenn er dabei umkommt, durch seinen Klon ersetzt zu werden. Da diese Aufgabe naturgemäß unangenehm ist, hat Mickey auch gekündigt, was eigentlich nicht geht, aber mit etwas Geflunkere und einigen Einschränkungen geht das.

Nun geht etwas mit dem Reaktor schief, er explodiert zwar nicht, verliert aber einen großen Teil seines Brennstoffs. Daher soll Mickey die Antimateriebombe wieder Beschaffen, die er im letzten Buch bei den Aliens platziert hat. Eigentlich kein Problem, hat er sie doch selbst in der Nähe versteckt, doch da ist sie nicht mehr. Somit bleibt ihm nichts anderes übrig, als wieder mit den Aliens Kontakt aufzunehmen und die Bombe wieder zu finden. Dabei ergeben sich einige Verwicklungen, die beiden Lebensformen müssen lernen miteinander zusammenzuarbeiten und besonders an Mickey stellen sich einige Herausforderungen.

Das Konzept der Romanreihe fand ich schon beim ersten Teil gut, hier wird das in abgewandelter Form fortgesetzt. Das Buch liest sich wieder flüssig, auch wenn einige Wendungen in der Geschichte auftreten. Insgesamt finde ich es nicht bahnbrechend, aber ganz ok.

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F. Scott Fitzgerald: The Great Gatsby

Geschrieben von Ralph Troppmann am Sonntag, 2. Juni 2024 in Literatur

F. Scott Fitzgerald: The Great Gatsby. Black Dog & Leventhal Publishers, New York 2021. ISBN: 978-0-7624-9813-0, 204 Seiten

Einer der großen amerikanischen Klassiker, hier in einer Schmuckausgabe, der die Zeit der 1920er Jahre in Nordamerika wieder aufleben lässt. Hauptdarsteller ist Nick Carraway, der zufällig ein Haus neben dem von Jay Gatsby bezieht. Zuerst fallen ihm die ständigen, extravaganten Partys dort auf. Als er irgendwann auch eingeladen wird, lernt er seinen Nachbarn uns gleichzeitig den legendären Gastgeber kennen. Dessen Motive bleiben zunächst verborgen, doch schildert der Roman gut die Stimmung in den oberen Schichten zu dieser Zeit.

Später zeigt sich, dass das große Auftreten von Gatsby lediglich einem Ziel dient, seine Jugendliebe Daisy zu beeindrucken und zu gewinnen. Woher der dafür erforderliche Reichtum stammt, bleibt vorerst rätselhaft. Eine der Lehren am Ende ist wohl, dass sich nicht alle Sehnsüchte erfüllen lassen und dass man trotz Reichtum und Großzügigkeit einsam bleiben kann.

Der Roman gefiel mir aufgrund der Darstellung der Zeit und der Gesellschaft und zeigt einige interessante Wendungen. Die Schmuckausgabe enthält einige angemessene Bilder und ist sowohl vom Schriftbild, als auch von der Verarbeitung sehr hochwertig.

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Geschrieben von Ralph Troppmann am Samstag, 18. Mai 2024 in Literatur

Miles Cameron: Artifact Space. Heyne, München 2024. ISBN: 978-3-453-32306-3, 667 Seiten

Marca Nbaro hatte keine leichte Jugend, sie ist in einem Waisenhaus aufgewachsen und erhielt dort eine Aubildung zur Raumkadettin. Genaugenommen hat sie diesen Rang gar nicht mehr, doch mit etwas Hilfe durch einen Hacker wurden die notwendigen Dokumente angepasst und sie tritt ihren Dienst auf einem Großschiff an. Im Weltraum zu dienen ist nämlich schon immer ihr Traum.

Das Großschiff absolviert einen Rundkurs, an den einzelnen Stationen wird fleißig gehandelt - das ist nämlich der Hauptzweck: gewinnversprechender Handel. Am Wendepunkt der Rpute geht es um Xenoglas, ein Alienmaterial, auf dem die Wirtschaft basiert und das gute Gewinne verspricht. Doch der Weg dahin ist lange, und Marca ist als Pilotin sehr beschäftigt. Fliegen, lernen, fliegen, üben und wieder fliegen, schnell zeigt sich ihr Talent. Doch stets droht sie ihre Vergangenheit einzuholen. Während der langen Reise treffen erschreckende Nachrichten ein, ein anderes Großschiff, das dieselbe Route vor einiger Zeit begann, wurde vernichtet. Es enspinnt sich eine dramatische Geschichte, in der Marca im Mittelpunkt steht.

Ein rasant geschriebener Roman, der ständig zwischen den Versagensängsten und Heldentaten der Protagonistin hin- und herpendelt. Sie legt eine steile Entwicklung hin, sowohl dienstlich, wie auch im zwischenmenschlichen Bereich. Dass sie sich treu bleibt und zweifelt, macht sie so sympathisch. Der Autor wagt sogar ein interessantes Pronomen-Experiment. Die Entwicklung der Verschwörung und die unerwarteten Wendungen lassen das Buch bis zum Schluss spannend bleiben, nach meinem Empfinden hätte es gerne nich weiter gehen können. Mir hat es sehr gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter.

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